Normenkette

BGB §§ 242, 1585b Abs. 3; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Urteil vom 27.11.2001; Aktenzeichen 20 F 545/01 UE)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen XII ZR 108/02)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - in Saarlouis v. 27.11.2001 – 20 F 545/01 UE – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 350 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Nach dem Urt. des AG - FamG - in Saarlouis v. 20.10.1992 – 20 F 93/92 – ist der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin ab dem 15.1.1992 nachehelichen Unterhalt von monatlich 360 DM zu zahlen.

Der Beklagte nahm für den Veranlagungszeitraum 1993 das sog. begrenzte Realsplitting in Anspruch, indem er nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG Unterhaltszahlungen an die Klägerin von insgesamt 17.280 DM als Sonderausgaben geltend machte. Die der Klägerin hierdurch entstandenen steuerlichen Nachteile belaufen sich gemäß dem ihr erteilten Einkommensteuerbescheid vom 9.2.1998 auf 2.477,50 DM Einkommen- und Kirchensteuer; außerdem erlitt die Klägerin einen Zinsschaden von 374 DM.

Die Klägerin, die in laufendem Sozialhilfebezug steht, war und ist zur Zahlung der Steuerschuld nicht in der Lage.

Mit ihrer am 1.6.2001 eingegangenen, dem Beklagten am 4.10.2001 zugestellten Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Freistellung „von der Steuererstattungspflicht aus dem Steuerbescheid des Finanzamtes S. vom 9.2.1998 über die Einkommen- und Kirchensteuer für das Jahr 1993 i.H.v. 2.851,50 DM” in Anspruch genommen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Mit seiner hiergegen gerichteten zulässigen Berufung erstrebt der Beklagte – wie bereits erstinstanzlich – völlige Klageabweisung.

Der Beklagte, der von der Einrede der Verjährung ausdrücklich Abstand genommen hat, ist der Auffassung, dass es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Freistellungsanspruch um einen unterhaltsrechtlichen Anspruch handelt, auf den § 1585b Abs. 3 BGB Anwendung findet. Danach habe die Klägerin den Anspruch vorliegend nicht fristgerecht geltend gemacht, selbst wenn der Beginn der Frist erst auf den Zeitpunkt der Erstellung des Steuerbescheides – hier: 9.2.1998 – datiert werde.

Im Übrigen müsse § 242 BGB auch zugunsten des Beklagten herangezogen werden. Dieser habe nach mehr als sieben Jahren nicht mehr mit einer Inanspruchnahme durch die Klägerin rechnen müssen. Es sei deren Pflicht gewesen, mit dem Ende des Veranlagungszeitraums 1993 unverzüglich die Festsetzung der sie betreffenden Steuerlast zu beantragen.

Die Klägerin trägt auf Zurückweisung der Berufung an.

Sie ist der Meinung, bei dem von ihr geltend gemachten Freistellungsanspruch handele es sich um einen Anspruch aus § 242 BGB, auf den § 1585b Abs. 3 BGB nicht anwendbar ist.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Der Beklagte ist – was von ihm auch nicht in Abrede gestellt wird – grundsätzlich verpflichtet, die der unterhaltsberechtigten Klägerin aufgrund der Durchführung des sog. begrenzten Realsplittings entstandenen steuerlichen Nachteile auszugleichen (vgl. BGH v. 9.10.1985 – IVb ZR 39/84, MDR 1986, 213 = FamRZ 1985, 1232 [1233]).

Dem – jedenfalls mehr als ein Jahr nach Erlass des Steuerbescheides – rechtshängig gewordenen Anspruch der Klägerin steht § 1585b Abs. 3 BGB nicht entgegen. Das FamG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die genannte Vorschrift auf den hier geltend gemachten Freistellungsanspruch nicht anwendbar ist.

§ 1585b Abs. 3 BGB schränkt die Forderung von Unterhalt für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit sowie von entsprechenden Erfüllungssurrogaten ein, weil die Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich darauf gerichtet ist, die Mittel für den laufenden Lebensbedarf des Berechtigten zur Verfügung zu stellen. Auch soll der Schuldner vor Härten geschützt werden, die sich aus der Inanspruchnahme für eine Zeit ergeben, in der er sich auf eine Unterhaltsverpflichtung nicht einzurichten brauchte (BGH v. 9.10.1985 – IVb ZR 39/84, MDR 1986, 213 = FamRZ 1985, 1232 [1233]). Der Ausgleichsanspruch nach Zustimmung zum sog. begrenzten Realsplitting dient demgegenüber nicht der Befriedigung von Lebensbedürfnissen in einer bestimmten Zeit, sondern soll gewährleisten, dass dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der ihm abverlangten Zustimmungserklärung keine Nachteile entstehen. Es handelt sich um einen Anspruch eigener Art, der auch nicht darauf beruht, dass der Unterhaltsschuldner früher seine Unterhaltspflicht nicht oder nicht gehörig erfüllt hätte. Vielmehr ist er aus Billigkeitsgründen gewährt, damit die Zustimmung zum sog. begrenzten Realsplitting für den Berechtigten zumutbar wird. Der Unterhaltsverpflichtete, der – wie hier der Beklagte ...

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