Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 11.07.2008; Aktenzeichen 2 O 109/06)

 

Tenor

I. Auf die Zweitberufung der Beklagten wird Ziff. I des Tenors des am 11. Juli 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken – Az. 2 O 109/06 – wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 84.356,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz

aus 39.060 EUR seit dem 22.6.2006

aus 11.440 EUR vom 8.8.2006 bis 27.6.2007,

aus 11.370,82 EUR seit dem 8.8.2006

aus 13.335 EUR vom 8.8.2006 bis 27.6.2006

aus 20.118,50 EUR seit dem 5.4.2007

aus 4.000,50 EUR vom 5.4.2007 bis 27.6.2007 und

aus 13.807,48 EUR seit dem 28.9.2007.

Im Übrigen verbleibt es bei dem angefochtenen Urteil.

Die weiter gehende Zweitberufung der Beklagten und die Erstberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 76 % dem Kläger und zu 24 % der Beklagten zur Last. Von den Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger 54 % und die Beklagte hat 46 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger und die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Der am 25.1.1986 geborene Kläger begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 7.8.2003 ereignet hat und hinsichtlich dessen die volle Eintrittspflicht der Beklagten außer Streit steht.

Der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt als Beifahrer in einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW, dessen Fahrer S. durch grobes Verschulden in einer langgezogenen Linkskurve mit weit übersetzter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam. Das Fahrzeug überschlug sich mehrmals und schleuderte gegen einen Baum.

Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine funktionell komplette Querschnittslähmung unterhalb TH5 (fünfter Brustwirbel) mit völligem Ausfall der Willkürkontrolle über Blasen-, Darm- und Sexualfunktionen. Er befand sich bis zum 10.3.2004 (7 Monate) in stationärer Behandlung. Wegen eines völligen Verlustes der Geh- und Stehfähigkeit ist der Kläger lebenslang auf den Rollstuhl angewiesen. Der Oberkörper und die oberen Extremitäten sind frei beweglich. Das linke Bein ist noch geringfügig bewegungsfähig. Die Sensibilität in den von der Lähmung betroffenen Körperbereichen ist beeinträchtigt. Es hat sich eine Skoliose der Wirbelsäule gebildet. Der dauerhaft 100 % arbeitsunfähige Kläger leidet darüber hinaus unter rezidivierenden Harnwegsinfekten und an einer Streckspastik in den Beinen, die ihn beim An- und Auskleiden und bei Transfers beeinträchtigt.

Der Kläger, der seit der Scheidung der Eltern im Jahr 1999 im Haushalt des Vaters lebte, hat die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Nachdem er keinen Ausbildungsplatz finden konnte, nahm er an Qualifizierungsmaßnahmen zur Erlangung der Ausbildungsreife teil, die im Auftrag der Arbeitsverwaltung durchgeführt wurden, zuletzt in der Zeit vom 18.2.2003 bis 23.6.2003 (Bl. 14 d.A.).

Ein Antrag des Klägers bei der G. auf Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung wurde mit Bescheid vom 11.3.2005 (Bl. 66 f. d.A.) im Hinblick auf ein dem Kläger nachteiliges Gutachten des Medizinischen Dienstes (Bl. 293 f. d.A.) abgelehnt.

Nach dem Unfall wurde der Kläger während er im Haushalt des Vaters lebte von Verwandten und Freunden betreut, gepflegt und versorgt. Seit dem 1.8.2007 bewohnt der Kläger eine ca. 60 qm große, nicht behindertengerecht eingerichtete drei Zimmer/Küche/Bad-Mietwohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses, die er über einen auf eigene Kosten installierten Treppenlift erreicht.

Die Beklagte erklärte mit außergerichtlichem Schreiben vom 7.8.2003 (Bl. 136 d.A.) ihre Eintrittspflicht hinsichtlich aller aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall resultierenden materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche. Sie leistete an den Kläger vorgerichtlich zur freien Verfügung folgende Zahlungen:

am

11.11.2003

20.000

EUR

am

18.2.2004

30.000

EUR

am

8.4.2004

150.000

EUR

am

30.7.2004

20.000

EUR

am

7.6.2006

30.000

EUR

zusammen

250.000

EUR

Mit Schreiben vom 15.12.2005 (Bl. 135, 136 d.A.) verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag von 200.000 EUR auf den Schmerzensgeldanspruch.

Am 10.4.2007 zahlte die Beklagte auf ein Vorschussverlangen des Klägers Umbaukosten betreffend weitere 50.000 EUR zur freien Verrechnung. Einen Teilbetrag von 12.000 EUR verwendete der Kläger zur Anschaffung des Treppenliftes für die Mietwohnung.

Mit seiner mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger (zuletzt) ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes (weiteres) Schmerzensgeld von mindestens 75.000 EUR, Ersatz eines behaupteten Verdienstausfallschadens von 87.923,68 EUR im Zeitraum September 2003 bis Dezember 2007 sowie von Pflegekosten von 52...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge