Leitsatz (amtlich)

Zwar erscheint es grundsätzlich denkbar, dass sich eine bedingungsgemäße Invaliditätsfeststellung auch aus der Zusammenschau mehrerer, einander ergänzender Atteste verschiedener Ärzte ergeben kann; eine solche Annahme scheidet aber aus, wenn sich die ärztlichen Bescheinigungen nicht ergänzen, sondern einander widersprechen.

 

Normenkette

AUB § 1; VVG § 180

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 08.04.2021; Aktenzeichen 14 O 181/19)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8. April 2021 - 14 O 181/19 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 89.500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand der Klage sind Ansprüche des Klägers aus vier bei der Beklagten gehaltenen Unfallversicherungen wegen zweier behaupteter Unfallereignisse vom 10. April und 25. Dezember 2018.

Der am 30. Mai 1958 geborene Kläger unterhält bzw. unterhielt bei der Beklagten insgesamt vier Unfallversicherungsverträge mit folgenden Vertragsnummern und Daten:

  • -37, Grundsumme bei Invalidität: 142.500 Euro, Laufzeit bis 1. Januar 2024, Versicherungsschein Bl. 14 ff. d. A.;
  • -79, Grundsumme bei Invalidität: 100.000 Euro, Laufzeit bis 1. Mai 2023, Versicherungsschein Bl. 43 ff. d. A.;
  • -47, Grundsumme bei Invalidität: 120.000 Euro, Laufzeit bis 10. Dezember 2018, Versicherungsschein Bl. 66 ff. d. A.;
  • -64, Grundsumme bei Invalidität: 100.000 Euro, Laufzeit bis 1. Januar 2024, Versicherungsschein Bl. 108 ff. d. A.;

Den Verträgen mit den Endziffern -37, -79 und -64 lagen unter anderem - inhaltlich identische - Allgemeine Bedingungen 2008 für die Unfallversicherung der M. Versicherung AG (Vertrag -37: Bl. 20 ff. d. A., Vertrag -79: Bl. 51 ff. d. A., Vertrag -64: Bl. 139 ff. d. A.; im folgenden: AB-Unfall 2008) und die M. Bedingungen 2008 für die Unfallversicherung für den Fall der Invalidität (Vertrag -37: Bl. 24 ff. d. A., Vertrag -79: Bl. 55 ff. d. A., Vertrag -64: Bl. 143 ff. d. A.; im folgenden: VB-Unfall Invalidität 2008) zugrunde. Vertragsbestandteil war außerdem die Besondere Vereinbarung 2008 für die Unfallversicherung nach der Tarifvariante Top (Vertrag -37: Bl. 31 ff. d. A., im folgenden: BV-Unfall Top 2008) bzw. die Besondere Vereinbarung 2012 für die Unfallversicherung nach der Tarifvariante Top (Vertrag -79: Bl. 62 ff. d. A., Vertrag -64: Bl. 151 ff. d. A.; im folgenden: BV-Unfall Top 2012). Nach § 1 Ziff. 1 VB-Unfall Invalidität 2008 entsteht ein Anspruch auf Leistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe, wenn die Invalidität - definiert als eine durch den Unfall herbeigeführte dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der versicherten Person - innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und innerhalb einer Frist von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt dem Grunde nach und unter Angabe der Beeinträchtigung, auf der sie beruht, schriftlich festgestellt wurde. Außerdem muss der Anspruch auf Invaliditätsleistung innerhalb von 18 Monaten nach dem Unfall gegenüber dem Versicherer schriftlich geltend gemacht werden. Gemäß Klausel B 1 §1 BV-Unfall Top 2008 bzw. 2012 ist die Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität und für die Geltendmachung gegenüber der Beklagten auf 21 Monate nach dem Unfall verlängert.

Dem Vertrag mit den Endziffern -37 lagen Allgemeine Bedingungen 1999 für die Unfallversicherung der M. Versicherung AG (Bl. 73 ff. d. A.; im folgenden: AB-Unfall 1999) und M. Bedingungen für die Unfallversicherung für den Fall der Invalidität (Bl. 79 ff. d. A.; im folgenden: VB-Unfall Invalidität 1999) zugrunde. Führt ein Unfall der versicherten Person zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität), entsteht gemäß § 1 Nr. 1 VB-Unfall Invalidität 1999 ein Anspruch auf Leistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe, sofern die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und innerhalb einer Frist von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt dem Grunde nach unter Angabe der Beeinträchtigung, auf der sie beruht, schriftlich festgestellt wurde. Der Anspruch auf Invaliditätsleistung muss außerdem innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach dem Unfall dem Versicherer gegenüber schriftlich geltend gemacht werden.

Am 28. November 2018 suchte der Kläger den Chirurgen V. W., W., auf, der einen Zustand nach "AC-Gelenksprengung re. (Tossy II)" und eine "A.C.-Gelenkarthrose re." diagnostizierte. Als Befund wurde eine geringgradige Schwellung der rechten Schulter mit Druckschmerz und eine endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter in allen Eb...

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