Leitsatz (amtlich)

Die Pfändung in eine "offene Kreditlinie" beim Girokonto ist grundsätzlich möglich, wenn und soweit der Kunde den Kredit in Anspruch nimmt, setzt allerdings voraus, dass die Bank zur Kreditgewährung verpflichtet ist und dem Kontoinhaber das Kapital zur freien Verfügung überlässt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 4 O 130/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des klagenden Landes gegen das am 24.5.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 4 O 130/04 - wird zurückgewiesen.

2. Das klagende Land hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Die Beschwer des klagenden Landes übersteigt 20.000 EUR nicht.

 

Gründe

A. Das S.F. verlangt von der Beklagten, der Hausbank des Streitverkündeten M.R., auf der Grundlage einer wegen Steuerschulden i.H.v. 56.924,22 EUR erfolgten Kontenpfändung (wegen der Einzelheiten vgl. Ablichtung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 13.9.2000, Bl. 7/8) Zahlung im Umfang der nach dem Zeitpunkt dieser Pfändung noch erfolgten Belastungen des Girokontos Nr. aufgrund eines Einziehungsrechtes nach § 835 ZPO.

Gegenstand dieser Pfändung ist auch das betreffende Girokonto sowie alle hiermit in Zusammenhang stehenden Forderungen aus abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen, auch Überziehungskrediten, das sich bei Pfändung mit 7.261,66 DM im Soll befand und am 31.8.2001 - bei einem Endsaldo von 0 DM - aufgelöst wurde. Im Zwischenzeitraum waren Abbuchungen in Gesamthöhe von 16.433,34 DM (= 8.402,23 EUR) für Darlehenstilgung, Beiträge für Kreditrahmenversicherung, Abschlusssalden und Mahngebühr (vgl. im Einzelnen S. 3 der angefochtenen Entscheidung, Bl. 98, bzw. Kontoübersicht, Bl. 54) erfolgt, andererseits aber auch Kontengutschriften im Umfang von 23.695 DM (vgl. im Einzelnen Zusammenstellung gemäß S. 3 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 17.8.2004; Bl. 80).

Das klagende Land hat vorgetragen, den im Debet erfolgten weiteren Kontenbelastungen habe ein vereinbarter Dispositionskredit zugrunde gelegen, der mit Abbuchung jeweils von dem Streitverkündeten abgerufen worden sei.; den hieraus resultierenden Darlehensauszahlungsanspruch habe sie wirksam gepfändet. Diese Abbuchungen hätten zudem zu seinen Lasten dazu geführt, dass trotz der Kontengutschriften kein - ebenfalls gepfändeter - Girokontohabensaldo entstanden sei.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 96-108), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage insgesamt abgewiesen, wobei es zur Begründung ausgeführt hat, zwar seien nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung auch Auszahlungsansprüche aus einem Dispositionskredit zu einem Girokonto - jedenfalls nach Abruf durch den Bankkunden - pfändbar; dies gelte allerdings nicht bei zweckgebundenen Dispositionskrediten, da die Pfändbarkeit eine Übertragbarkeit voraussetze (§ 851 Abs. 1 ZPO) und bei zweckgebundenen Ansprüchen eine Übertragung mit einer - unzulässigen - inhaltlichen Veränderung der Forderung verbunden sei (vgl. § 399 BGB).

Von einem solchen zweckgebundenen Dispositionskredit sei hier auszugehen, da die betreffenden Abbuchungen aufgrund ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung, nämlich Ziff. 4. bzw. 5. der einzelnen Darlehensverträge, erfolgt seien, mithin ein mit dieser Abbuchungserlaubnis zugleich für den Fall einer fehlenden Kontodeckung verbundener Dispositionskredit jedenfalls nur den Zweck der Darlehensbedienung betroffen habe und dem Streitverkündeten nicht zur freien Verfügung gestanden habe.

Bei Annahme eines Überziehungskredits ergebe sich nichts anderes; auch in diesem Fall fehle es an einem pfändbaren Anspruch.

Bei den übrigen Kontobelastungen folge bereits aus dem Inhalt der jeweiligen Forderungen deren Unpfändbarkeit.

Da die Darlehensbedienung durch das im Debet befindliche Girokonto somit absprachegemäß und rechtmäßig erfolgt sei, könne sich das klagende Land auch nicht darauf berufen, dass diese Abbuchungen das Zustandekommen eines Habensaldos auf dem Girokonto infolge der Kontogutschriften verhindert habe.

Hiergegen wendet sich die Berufung des klagenden Landes, das sein ursprüngliches Klagebegehren weiterverfolgt. Es weist darauf hin, dass nach dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung die Einräumung eines banküblichen Dispositionskredits an den Streitverkündeten hinsichtlich des fraglichen Girokontos feststehe, welcher im Regelfall gerade nicht zweckgebunden, sondern frei verfügbar sei.

Der Ansicht des LG zur Zweckbindung könne auch deshalb nicht gefolgt werden, weil die Beklagte selbst hierzu nicht substantiiert vorgetragen habe und die Frage einer generell bestehenden offenen Kreditlinie für das Girokonto, die dem landgerichtlichen Verständnis von Ziff. 4. bzw. 5. der Darlehensverträge jedenfalls entgegenstehe, zwischen den Parteien streitig sei. Gegebenenfalls habe deshalb Beweis hierzu erhoben werden müssen, auch durch Anforderung der Girokontounterlage...

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