Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendbarkeit der im Rahmen des § 81 VVG entwickelten Grundsätze auf eine leasingvertragliche Bestimmung, wonach die im Übrigen vereinbarte Haftungsfreistellung des Leasingnehmers für unfallbedingte Schäden an dem geleasten Kraftfahrzeug (hier: BB-Kaskoschutz) dann nicht gilt, wenn dieser den Schaden infolge des Genusses alkoholischer Getränke herbeigeführt hat.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1, § 827; StVG § 7 Abs. 1; VVG § 81

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 22.10.2021; Aktenzeichen 1 O 7/21)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (1 O 7/21) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Ansprüche wegen der Beschädigung eines Fahrzeugs durch den Beklagten im Rahmen eines Verkehrsunfalls geltend.

Die Klägerin war im Unfallzeitpunkt Eigentümerin und Leasinggeberin des Pkw VT Tiguan mit dem amtlichen Kennzeichen ... Leasingnehmerin war die H. C. GmbH, die das Fahrzeug dem bei ihr beschäftigten Beklagten zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hatte.

Der Beklagte befuhr am 21.07.2019 gegen 12.40 Uhr mit dem oben bezeichneten Pkw die ... Straße in Heusweiler aus Richtung Holz kommend und bog nach rechts in die ... Straße ab. Hierbei kam er ohne Fremdeinwirkung nach links von der Fahrbahn ab und kollidierte mit der Hauswand des Anwesens ... Straße .... An dem Haus entstand ein Sachschaden von 7.125 EUR netto. Der Pkw der Klägerin wurde im Frontbereich erheblich beschädigt. Der Beklagte entfernte sich anschließend vom Unfallort, ohne Feststellungen zu ermöglichen.

Ausweislich des von der Klägerin eingeholten Gutachtens der T. R. S.- u. W. GmbH vom 11.09.2019 (Anlage K2, Anlagenband) beläuft sich der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs auf 23.697,48 EUR netto bei einem Restwert von 11.175,63 EUR netto. Der hieraus resultierende unstreitige Wiederbeschaffungsaufwand ist Gegenstand des Klageantrags zu 1 nebst Abschleppkosten von 187,50 EUR (Anlage K3, Anlagenband) sowie einer Kostenpauschale von 30 EUR.

Eine bei dem Beklagten am Unfalltag um 14.16 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 3,19 Promille. Bei einer weiteren Blutprobe um 14.46 Uhr wurde ein BAK-Mittelwert von 3,07 Promille festgestellt.

Der Beklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 20.05.2020 (Az. 130 Cs 68 Js 1005/19 (11/20)) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40 EUR wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a StGB) verurteilt (Anlage K1, Anlagenband).

Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 25.06.2020 unter Fristsetzung bis zum 16.07.2020 vergeblich zur Zahlung des Klagebetrags auf; auch auf ein weiteres Schreiben vom 17.08.2020 (Anlage K4, Anlagenband) reagierte der Beklagte nicht.

Für das streitgegenständliche Fahrzeug war in Ergänzung zu den Leasingbedingungen der Klägerin als weitere Dienstleistung ein "Kasko-Schutz Großkunde" vereinbart (vgl. Leasingbestätigung vom 16.03.2018, Anlage K6, Bl. 34 ff. d.A.). Dies beinhaltete einen Schadenservice, Notfallmanagement und den sog. Kasko-Schutz als Dienstleistungspaket (Bl. 34 d.A.). Hierfür galten die als Anlage 5 (Bl. 22 ff. d.A.) vorgelegten "Besonderen Bedingungen für die Dienstleistung Kasko-Schutz", die auszugsweise wie folgt lauten:

"I. Haftungsfreistellung und Verhältnis zur Vollkaskoversicherung

1. Haftungsfreistellung

Abweichend von Ziffer XI.1 und XVI.3 der Leasingbedingungen für Geschäftsfahrzeuge bzw. Ziffer I.10 und I.14c) der Groß-/Sonderkunden-Leasingbedingungen wird bei Einschluss der Dienstleistung Kasko-Schutz im Rahmen der nachfolgenden Bedingungen die Haftung des Leasingnehmers für bestimmte Schäden am Leasingfahrzeug (vgl. Ziff. II) durch Zahlung eines besonderen Entgeltes ausgeschlossen (vertragliche Haftungsfreistellung).

(...)

II. Schadensereignisse, die vom Kasko-Schutz umfasst sind

(...)

Schadenfälle infolge der Ereignisse h) und i) sind vom VollKasko-Schutz umfasst:

h) Unfall (...)

III. Umfang der Kasko-Schutzleistung und Selbstbeteiligung

(...)

2. Haftungsfreistellung und Kostenübernahme

Die Kasko-Schutzleistung besteht in einer Freistellung von der leasingvertraglichen Haftung einerseits und einer Übernahme von bestimmten Kosten andererseits, im nachfolgend beschriebenen Umfang:

(...)

IV.

(...)

2. Nicht vom Kasko-Schutz umfasste Schäden:

a) Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit

Kein Kasko-Schutz besteht für Schäden, die vorsätzlich herbeigeführt werden.

Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens verzichtet der Leasinggeber dem Leasingnehmer gegenüber in der Voll- und Teilkaskodeckung auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit. Der Verzicht gilt zugunsten eines leasingvertraglich zur Nutzung berechtigten Fahrers entsprechend.

Der Verzicht gilt nicht bei Entwendung des Fahrzeugs und bei Herbeiführu...

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