Leitsatz (amtlich)

1. Schließen inländliche Parteien einen Subunternehmervertrag über Werkleistungen, die im Ausland zu erbringen sind, so wird eine nach nationalem Recht begründete Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch eine Gerichtsstandsvereinbarung nur dann verdrängt, wenn diese die Voraussetzung des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO erfüllt.

2. Hierzu genügt es noch nicht, wenn der Hauptunternehmer in seiner schriftlichen Annahmeerklärung auf die Bedingungen des Hauptauftrages Bezug nimmt, welche eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten.

 

Normenkette

EGV 44/2001 Art. 23 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 21.10.2010; Aktenzeichen 3 O 169/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 21.10.2010 - 3 O 169/09 - unter Einschluss des Verfahrens aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für die Lieferung und Montage einer Klima- und Lüftungsanlage für das Bauvorhaben pp. in Anspruch.

Die Klägerin hatte unter dem 23.2.2006 ein Angebot abgegeben, welches die Beklagte mit Schreiben vom pp. (GA I Bl. 6) annahm. Das Schreiben lautet im Auszug:

"Sehr geehrter Herr pp., wir beziehen uns auf Ihr Angebot ... und die mündliche Verhandlung mit dem Unterzeichner und beauftragen Sie hiermit zur Lieferung und Montage der aufgeführten Leistungen zu nachstehenden Bedingungen ... Es gelten die Bedingungen des Hauptauftrags, die gemeinsam mit den Einheitspreisen diesem Auftrag beigefügt sind."

Der Hauptauftrag enthält unter Ziff. 1.7 eine Gerichtsstandsvereinbarung. Die Vertragsklausel lautet:

"Rechtsstreitigkeiten

Die Meinungsverschiedenheiten, welche aus der Anwendung oder der Interpretation des vorliegenden Vertrages entstehen können, fallen in den Zuständigkeitsbereich der luxemburgischen Gerichte."

Nach mehreren Abschlagsrechnungen stellte die Klägerin am pp. einen restlichen Betrag von 113.563,72 EUR in Rechnung (Anlage K 2; GA I Bl. 7). Die Rechnung wurde von der Beklagten zunächst auf eine Restsumme von 111.998,03 EUR gekürzt. Auf diesen Betrag zahlte sie am pp. 65.783,56 EUR. Die Differenz entspricht der Klageforderung.

Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 46.214,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2009 zu zahlen;

2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.379,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.5.2009 zu zahlen.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten.

Im angefochtenen Urteil hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen und hierbei die Auffassung vertreten, dass wegen einer Gerichtsstandsvereinbarung die luxemburgischen Gerichte zur Entscheidung berufen seien. Auf den Inhalt angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Klägerin in erster Linie die Zurückweisung der Sache an das LG, da dieses - so die Rechtsbehauptung der Berufung - die Zahlungsklage zu Unrecht wegen internationaler Unzuständigkeit abgewiesen habe.

Es seien keine Vereinbarungen über einen Gerichtsstand in Luxemburg getroffen worden. Die Bedingungen des Hauptvertrages seien der Klägerin vor dem Zugang des Auftragsschreibens vom pp. nicht bekannt gewesen. Dies folge schon aus dem gegnerischen Sachvortrag (Schriftsatz vom pp., S. 2; GA I Bl. 121 f.). Bei dieser Sachlage wäre die Gerichtsstandsvereinbarung nur dann rechtswirksam vereinbart worden, wenn die Klägerin die Klausel schriftlich bestätigt hätte. Daran fehle es. Soweit das LG von einer konkludenten Gerichtsstandsvereinbarung ausgegangen sei, sei dem nicht zu folgen: Die Auslegung müsse berücksichtigen, dass beide Parteien im Saarland geschäftsansässig seien und es für beide Parteien im Hinblick auf die deutsche Sprache als Gerichtssprache sinnvoll sei, Streitigkeiten vor dem Heimatgericht auszutragen. Dies sei der Grund dafür, dass die Schreiben der Klägerin in den Fußnoten als Gerichtsstand pp. benennen würden.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des am 21.10.2010 verkündeten Urteils des LG Saarbrücken - 3 O 169/09 - den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen;

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts nach Maßgabe des erstinstanzlichen Antrags zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie habe mit ihrem Schreiben vom pp. nicht lediglich das Angebot vom pp. angenommen. Das Schreiben beziehe sich auch auf mündliche Verhandlungen mit dem Geschäftsführer d...

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