Leitsatz (amtlich)

Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist nach Maßgabe der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein überobligatorisch erzählte Teil des Erwerbseinkommens nicht mehr im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen. Vielmehr ist der unterhaltsrelevante Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens bei der Bedarfbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen und damit ebenfalls im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen, während ein in Anwendung der §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB nicht unterhaltsrelevanter Anteil überobligationsmäßig erzielter Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägt und bei der Unterhaltsermittlung deshalb vollständig unberücksichtigt bleibt.

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Urteil vom 12.11.2004; Aktenzeichen 21 F 403/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - in Saarlouis vom 12.11.2004 - 21 F 403/03 - in Ziff. 1.2. der Entscheidungsformel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

  • vom 1.8. bis 30.9.2003 monatlich 77 EUR,
  • vom 1.10.2003 bis 31.12.2004 monatlich 109 EUR,
  • vom 1.1. bis 30.4.2005 monatlich 80 EUR,
  • für Mai und Juni 2005 monatlich 75 EUR und
  • für die Zeit ab Juli 2005 monatlich 71 EUR.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2) 28 % und der Beklagte 72 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt der Beklagte; die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) tragen diese selbst zu 63 % und der Beklagte zu 37 %; die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen dieser selbst zu 37 % und die Klägerin zu 2) zu 63 %.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden der Klägerin zu 47 % und dem Beklagten zu 53 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die am Oktober 1991 geschlossene Ehe der Klägerin zu 2) und des Beklagten ist nach vorausgegangener Trennung Ende 1993/Anfang 1994 seit 18.9.1996 rechtskräftig geschieden. Bei der Klägerin zu 2) handelte es sich um die zweite, beim Beklagten um die dritte Ehe. Aus der Ehe ist die am März 1992 geborene Klägerin zu 1) hervorgegangen, die im Haushalt der Klägerin zu 2) lebt.

Mit notarieller Urkunde vom 11.9.1991 - Notar P., UR-Nr. ... haben die Klägerin zu 2) und der Beklagte für ihre Ehe den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und auch für den Fall der Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs Gütertrennung vereinbart. Weiterhin haben sie für den Fall der Scheidung wechselseitig und vollständig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin zu 2) nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Die am März 1965 geborene Klägerin zu 2) ist - wie bereits bei Abschluss des notariellen Vertrages - vollschichtig erwerbstätig. Vom 1.1.1995 bis 30.9.2003 war sie als Gebäudereinigerin bei der Firma Gebäudereinigung H.K. in - im Jahr 2002 mit einem Durchschnittsnettoeinkommen von rund 1.400 EUR monatlich - vollschichtig beschäftigt. Seit 1.10.2003 ist sie in die Filiale nach gewechselt, wo sie seit 1.1.2004 - nach ihren Angaben ohne Erhöhung ihres Einkommens - als Objektleiterin eingesetzt ist. Ihr Nettoeinkommen hat sich nach den Feststellungen des FamG von Oktober 2003 bis einschließlich September 2004 bei Steuerklasse II/0,5 auf durchschnittlich monatlich 1.522,10 EUR netto belaufen. Die Klägerin zu 2) hat die einfache Entfernung zwischen ihrer früheren Wohnung und ihrem Arbeitsplatz bis einschließlich September 2003 mit 10 km, zwischen ihrer jetzigen Wohnung und ihrer Arbeitsstelle bis einschließlich April 2005 - wegen einer Umleitung - mit 22 km und ab Mai 2005 mit 17 km angegeben.

Ob, seit wann und in welchem Umfang die Klägerin zu 2) nach der Geburt ihrer Tochter ab dem Jahr 1993 bis zur Aufnahme ihrer vollschichtigen Tätigkeit Anfang 1995 erwerbstätig war, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig hat sie aber bis einschließlich Dezember 1994 Erziehungsgeld erhalten.

Der am April 1955 geborene Beklagte, der wiederverheiratet und seiner jetzigen Ehefrau ggü. unterhaltsverpflichtet ist, ist seit 1976 als Arbeiter für die tätig. Sein Durchschnittsnettoeinkommen hat sich im Jahr 2002 nach den unangegriffenen Angaben der Klägerinnen auf rund 2.035 EUR monatlich belaufen. Das FamG hat sein von September 2003 bis einschließlich August 2004 - bei Steuerklasse III/0,5 - erzieltes durchschnittliches Nettoeinkommen mit monatlich 2017,40 EUR festgestellt.

Für die Klägerin zu 1) hat der Beklagte im hier streitgegenständlichen Zeitraum von Juli bis Oktober 2003 monatlichen Unterhalt von 197,80 EUR gezahlt.

Die Klägerinnen hatten für ihre am 8.10.2003 eingereichten Klage im Entwurf, mit der sie beabsichtigten, den Beklagten für die Zeit ab Juli 2003 auf Kindesunterhalt und für die Zeit ab August 2003 ...

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