Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der sofortigen Fälligstellung eines Immobiliendarlehens nach französischem Recht im Falle betrügerischer Machenschaften ("manoeuvres frauduleuses ou dolosives").

 

Normenkette

EGV 593/2008 Art. 3 Abs. 1; ZPO § 293; ConsCode FRA Art. L312-1

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 01.08.2014; Aktenzeichen 1 O 151/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 1.8.2014 (Aktenzeichen 1 O 151/11) wird auf Grund der im zweiten Rechtszug übereinstimmend erfolgten Teilerledigungserklärung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt ist, an die Klägerin 239.854,96 EUR zu zahlen nebst 2,94 v.H. Zinsen aus 222.793,32 EUR seit dem 25.1.2011 abzgl. am 30.1.2015 gezahlter 70.000 EUR.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 239.854,96 EUR für die Zeit bis zur übereinstimmenden Teilerledigungserklärung im Termin vom 21.5.2015 und auf 169.854,96 EUR für die Zeit danach.

 

Gründe

I. Die Klägerin, ein Kreditinstitut mit Sitz in Frankreich, nimmt die Beklagte auf Rückerstattung eines Immobiliendarlehens in Anspruch.

Die Beklagte beabsichtigte, ein Haus zu kaufen, und beauftragte mit Kreditvermittlungsvertrag vom 7.1.2010 den Zeugen C. N. aus F./Frankreich mit dem Nachweis bzw. der Vermittlung eines Darlehens i.H.v. 250.000 EUR. Unter im Einzelnen streitigen Umständen wurde der Kreditwunsch der Beklagten an die Klägerin in B. (B.)/Frankreich herangetragen und ihr eine auf die Beklagte lautende Gehaltsabrechnung der AWO vorgelegt, die ein Bruttoeinkommen von 6.900 EUR monatlich auswies. Am 21.6.2010 schlossen die Parteien zum Zwecke des Kaufs und der Renovierung eines Hauses in L ... (S ...)/Frankreich einen Immobiliendarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag i.H.v. 244.818 EUR zum jährlichen Zinssatz von 2,94 v.H. Dieser Kreditvertrag enthält mehrfach Verweise auf französische Gesetze und u.a. die im angefochtenen Urteil (Bd. II Bl. 255 d.A.) wiedergegebenen Vertragsbestimmungen.

Im Zusammenhang mit der Auszahlung eines (zweiten) Darlehensteilbetrages wurden der Klägerin Unterlagen vorgelegt, die die Bezahlung einer Bauhandwerkerrechnung betreffen sollten, aber auf Grund der Datumsangaben nicht zutreffend sein konnten. Nachdem die misstrauisch gewordene Klägerin die Richtigkeit aller vorgelegten Unterlagen überprüfen ließ, stellte sich im Herbst 2010 heraus, dass diese nicht echt waren, insbesondere die Gehaltsabrechnung nicht von der AWO erstellt worden war. Der zuvor schon für die Klägerin tätige Rechtsanwalt C. aus S ... (S ...)/Frankreich stellte mit Schreiben vom 2.12.2010 die Forderung aus dem Immobiliendarlehensvertrag zum 17.12.2010 zur sofortigen Rückzahlung fällig und bezifferte den Gesamtbetrag mit 238.778,23 EUR. Die Fälligstellung wurde damit begründet, dass falsche Unterlagen vorgelegt worden waren, um die Auszahlung der Darlehensvaluta zu bewirken. Die Beklagte wies die Fälligstellung mit Anwaltsschreiben vom 16.12.2010 zurück unter Hinweis darauf, dass dem Schreiben des Rechtsanwalts C. keine Originalvollmacht beigefügt war.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 239.854,96 EUR in Anspruch genommen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Darlehenshauptforderung i.H.v. 222.793,32 EUR, Zinsen hieraus i.H.v. 2,94 v.H. vom 05. bis zum 25.11.2010, d.h. 363,90 EUR, weiteren Zinsen i.H.v. 2,94 v.H. vom 26.11.2010 bis zum 24.1.2011, also 1.076,73 EUR, sowie einer Vertragsstrafe i.H.v. 7 v.H. aus 223.157,22 EUR (= Darlehensforderung i.H.v. 222.793,32 EUR zzgl. 2,94 v.H. Zinsen vom 05. bis zum 25.11.2010 i.H.v. 363,90 EUR), also 15.621,01 EUR. Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei als französische Bank in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft aktivlegitimiert. Die Allgemeinen Bedingungen des Darlehensvertrags seien nach französischem Recht in den Vertrag einbezogen worden. Die Gesamtfälligstellung sei angesichts der betrügerischen Machenschaften im Zusammenhang mit den gefälschten Unterlagen begründet. Diese falschen Unterlagen seien der Klägerin von der Beklagten vorgelegt worden, jedenfalls müsse sich die Beklagte aber eine eventuelle Täuschung durch den Kreditvermittler zurechnen lassen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin

1. 239.854,96 EUR nebst 2,94 v.H. Zinsen seit dem 25.1.2011 sowie

2. vorgerichtliche Mahnauslagen i.H.v. 3.198,24 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die internationale Zuständigkeit des Gerichts gerügt. Ihrer Auffassung zufolge sind die Allgemeinen Bedingungen mangels Aushändigung eines deutsch...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge