Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 17 O 7/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.1.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 17 O 7/19) wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % des ihm bei dem Unfall vom 4.5.2018 in H. in der B. Straße entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu erstatten, soweit nicht Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 729,23 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.2.2019 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner im Wege der Feststellungsklage auf anteiligen Schadensersatz aufgrund eines Unfallereignisses, welches sich am 4.5.2018 gegen 10.40 Uhr in H. in der B. Straße ereignet hat, in Anspruch.

Der zum Unfallzeitpunkt 75-jährige Kläger befuhr mit seinem Fahrrad die B. Straße von H. kommend in Richtung B.. Im dortigen Anwesen Nr. xx ist die Firma der Beklagten zu 2 ansässig, bei der der Beklagte zu 1 zum Unfallzeitpunkt beschäftigt war. Vor dem Firmengebäude befindet sich eine Fläche, die zum Parken benutzt wird, daneben die Einfahrt zu dem dahinter gelegenen Betriebshof der Beklagten zu 2. Hieran schließt sich ein ca. 160 cm breiter asphaltierter Gehweg an, der zur Straße hin durch eine weitere ca. 276 cm breite, mit Verbundsteinen belegte, von Bäumen unterbrochene Fläche begrenzt wird. Der Beklagte zu 1 hatte einen im Eigentum der Beklagten zu 2 stehenden Gabelstapler auf der Parkfläche vor dem Firmengebäude abgestellt, da er gemeinsam mit den Zeugen L. und S. einen auf der Straße stehenden Lkw entladen wollte. Er entfernte sich nach dem Abstellen des Gabelstaplers und vor Beginn des Abladevorgangs zunächst wieder auf den dahinter gelegenen Betriebshof der Beklagten zu 2.

In Höhe des Firmengeländes kam der Kläger, der zuvor mit seinem Fahrrad von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt war, zu Fall. Bei dem Sturz überschlug er sich, wobei er aufgrund der von ihm benutzten Klickpedale seine Füße während des Sturzes nicht aus den Pedalen lösen konnte. Hierbei erlitt er eine Fraktur des fünften Halswirbels, eine Nasenbeinfraktur, ein Schädelhirntrauma ersten Grades sowie diverse Platzwunden. Er wurde am 8.5.2018 operiert und befand sich bis zum 16.5.2018 in stationärer Behandlung.

Der streitgegenständliche Gabelstapler kann baubedingt eine Geschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreiten.

Der im Strafverfahren anwaltlich vertretene Beklagte zu 1 wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts St. Ingbert (Az. Cs 64 Js 1272/18) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.

Der Kläger hat behauptet, vor dem Firmengelände der Beklagten zu 2 sei die komplette Fahrbahn der Straße durch einen stehenden und einen weiteren dort rangierenden Lkw blockiert gewesen, weshalb er auf den dortigen sehr breiten Gehweg gewechselt sei. Dort sei er mit der Gabel des im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Gabelstaplers, die ohne jegliche Kenntlichmachung in den Gehweg hineingeragt und knapp bis zum Boden herabgelassen gewesen sei, kollidiert und deshalb zu Fall gekommen. Die Gabel sei auch wegen des gleichfarbigen Untergrundes kaum zu sehen gewesen. Der Gabelstapler habe zwar noch auf der Parkfläche gestanden, aber die Gabel habe weit in den Gehweg hineingeragt.

Die Beklagten hätten vorgerichtlich auf entsprechende Aufforderungen ihre Schadensersatzpflicht in Abrede gestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1 habe als Fahrer des Gabelstaplers grob fahrlässig gegen § 30c StVO verstoßen, der zwingend die Kenntlichmachung solcher über das eigentliche Fahrzeug hinausragenden Teile vorschreibe. Zudem hätten bei der Durchführung von Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum sogar Absperrungen erfolgen müssen. Die Parkfläche vor dem Gebäude stehe im Eigentum der Kreisstadt H., so dass es sich um öffentlichen Verkehrsraum handele. Da der Gabelstapler unstreitig nicht kenntlich gemacht worden sei, komme es nicht einmal streitentscheidend darauf an, ob der Kläger tatsächlich mit den Gabeln in Berührung gekommen sei, was jedoch der Fall gewesen sei. Allein die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründe die Haftung für einen im Zusammenhang damit stehenden Unfall.

Die Beklagte zu 2 sei als Halterin ebenfalls für eine ordnungsgemäße Absicherung verantwortlich. Darüber hinaus hafte sie nach § 831 BGB, da sie vorrangig Arbeiter aus dem osteuropäischen Raum - wie den Beklagten zu 1 - beschäftige, denen die erforderliche Beruf...

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