Leitsatz (amtlich)

Das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls ist nur bewiesen, wenn ein Mindestmaß an Tatsachen feststeht, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen. Daran fehlt es, wenn der einzige für das äußere Bild der Entwendung benannte Zeuge zwar das Kerngeschehen widerspruchsfrei schildert, sein persönliches Verhalten sowie wechselnde und unglaubhafte Angaben zum Randgeschehen aber durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage wecken.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 3/16)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 7.12.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 3/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Vollkaskoentschädigung für ein angeblich am 19./20.10.2014 gestohlenes Motorrad der Marke Ducati.

Das Motorrad war als Neufahrzeug am 24.7.2014 gekauft worden. In der Kaufvertragsurkunde der Firma Auto + Zweirad T. GmbH war als Käufer der Zeuge H. To. eingetragen. Der Kaufpreis betrug 23.295 EUR. Zur Finanzierung hatte der Zeuge To. ein Darlehen bei der AE. Bank über 29.229,12 EUR aufgenommen, mit der neben dem Kaufpreis eine Motorradausrüstung für den Sohn des Klägers bezahlt wurde. Das Darlehen war in 72 monatlichen Raten von je 405,96 EUR rückzahlbar.

Das Fahrzeug wurde bei der Beklagten mit Versicherungsbeginn zum 22.7.2014 versichert (Versicherungsschein Nummer XXXXXXXXX, Bl. 35 d.A.). Versicherungsnehmer war der Kläger, der zwei Jahre zuvor in die Türkei übergesiedelt war. Er war auch als Halter in der Zulassungsbescheinigung eingetragen. Im Versicherungsvertrag war bei den Tarifmerkmalen als Alter des jüngsten Fahrers "66 Jahre" angegeben. Tatsächlich wurde das Fahrzeug von dem damals 40-jährigen Sohn des Klägers, dem in Deutschland lebenden Zeugen M. Ze. genutzt. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kfz- Versicherung zu Grunde (im Folgenden: AKB, Bl. 37 d.A.). Versichert war u.a. der Verlust des Fahrzeugs durch Entwendung.

Der Kläger bezieht nach eigenen Angaben monatliche Renten aus Deutschland in Höhe von 500 EUR und aus der Türkei in Höhe von ca. 700 EUR. Eine von der Beklagten durchgeführte Bonitätsprüfung offenbarte "uneinbringliche titulierte Forderungen" in Höhe von 308,72 EUR. Der Zeuge Ze. ist arbeitslos. Ein über sein Vermögen eröffnetes Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21.9.2015 (107 IN 33/14) mangels Masse aufgehoben.

Das Fahrzeugdarlehen wurde am 17.10.2014 vollständig abgelöst - mit wessen Mitteln, ist unklar, unstreitig jedenfalls nicht aus dem Vermögen des Zeugen To. -, und die finanzierende Bank gab die bis dahin in ihrem Besitz befindlichen Fahrzeugpapiere heraus. Drei Tage später zeigte der Zeuge M. Ze. beim Polizeipräsidium Mannheim an, sein Kraftrad sei in Mannheim gestohlen worden. Zu den Fahrzeugschlüsseln erklärte er, er selbst verfüge über einen Schlüssel, ein weiterer werde bei seinem Vater aufbewahrt. Nachgefertigte Schlüssel gebe es nicht. In einem polizeilichen Vermerk vom 17.11.2014 ist festgehalten, der Zeuge M. Ze. habe auf Nachfrage mitgeteilt, der Kaufvertrag und die Finanzierung laufe zwar auf seinen Bekannten H. To., er selbst habe das Motorrad aber für sich gekauft und zahle auch die monatlichen Raten.

Die auf Versicherungsleistungen in Anspruch genommene Beklagte übersandte ein Schadensformular, welches der Zeuge Ze. am 23.10.2014 ausfüllte. Die Fragen zum Erwerb des Fahrzeugs beantwortete er nicht. Auf Rückfrage der Beklagten zu Veränderungen eines Fahrzeugschlüssels, die ein von ihr beauftragtes Schlüsselgutachten ergeben hatte, teilte er mit, er habe den Schlüssel zur Beseitigung einer Schwergängigkeit bearbeitet.

Die Beklagte lehnte die Erbringung versicherungsvertraglicher Leistungen ab.

In erster Instanz hat der Kläger eine Kaskoentschädigung in Höhe von 22.295 EUR nebst Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht.

Der Kläger hat behauptet, er habe das Motorrad gekauft und der Zeuge M. Ze. habe es vereinbarungsgemäß nutzen sollen, wobei "angedacht" gewesen sei, dass es irgendwann zu ihm in die Türkei überführt werde. Er habe seinem Sohn zugesagt, er werde mit seiner Lebensgefährtin in der Türkei abklären, ob diese den Kaufpreis zur Verfügung stelle. Da sein Sohn das Fahrzeug zu Beginn der Motorradsaison habe nutzen wollen, habe man sich auf eine Finanzierung über den Zeugen To. geeinigt; er selbst habe sodann für eine kurzfristige Ablösung durch eine Überweisung aus der Türkei am 17.10.2014 gesorgt. Die Herkunft des Geldes hat der Kläger einmal mit einem Erbe seiner Frau erklärt, ein anderes Mal mit Er...

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