Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 351/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 03.01.2020 (Aktenzeichen 4 O 351/18) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 634,57 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2017 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Auf Grund der Beschädigung ihres Kraftfahrzeugs Seat Leon bei einem Verkehrsunfall am 05.11.2016 in P. macht die Klägerin gegenüber der dem Grunde nach in vollem Umfange haftenden beklagten Kraftfahrthaftpflichtversichererin des Unfallgegners restliche Schadensersatzansprüche geltend. Die Klägerin mietete vom 06.11.2016 bis zum 28.12.2016 einen ersten Mietwagen, mit dem sie 1.334 km fuhr, nach Unfallersatztarif zum Betrag von 4.113,48 EUR an, und vom 28.12.2016 bis zum 13.06.2017 einen zweiten Mietwagen, mit dem sie 4.433 km fuhr, zum Betrag von 4.954,64 EUR an. Bereits vor dem Unfallereignis hatte die Klägerin am 15.07.2016 ein Neufahrzeug bestellt, für das in der Bestellung als unverbindliche Lieferzeit Dezember 2016 angegeben war. Am 14.12.2016 teilte der Verkäufer der Klägerin mit, dass sich der Lieferzeitraum voraussichtlich bis April 2017 verschiebe. Tatsächlich wurde das Neufahrzeug erst am 13.06.2017 ausgeliefert und auf die Klägerin angemeldet.

Die Klägerin hat restliche Kosten für die Abmeldung des beschädigten und Anmeldung des Neufahrzeugs in Höhe von 94,70 EUR (154,70 EUR abzüglich vorgerichtlich gezahlter 60 EUR), restliche Abschleppkosten in Höhe von 168,98 EUR (416,50 EUR abzüglich vorgerichtlich gezahlter 247,52 EUR), restliche Mietwagenkosten für den ersten Mietwagen in Höhe von 3.210,48 EUR (4.113,48 EUR abzüglich vorgerichtlich gezahlter 903 EUR) und Mietwagenkosten für den zweiten Mietwagen in Höhe von 4.954,64 EUR geltend gemacht. Dazu hat sie behauptet, der Ankauf eines dem Unfallfahrzeug gleichwertigen Interimsfahrzeugs wäre unter Berücksichtigung eines Kaufpreises von nicht unter 8.000 EUR und einschließlich An- und Abmeldekosten nicht kostengünstiger gewesen als die Anmietung. Außerdem seien Anschaffung und Wiederverkauf eines Interimsfahrzeugs aufwändig und könne die Weiterveräußerung zu Gewährleistungsansprüchen gegen die Klägerin führen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.428,80 EUR nebst Zinsen aus 3.474,16 EUR seit dem 03.03.2017 und aus weiteren 4.954,64 EUR seit dem 08.07.2017 zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 213,48 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die Lieferzeit des bestellten Fahrzeugs mindestens einen Monat andauere, so dass sie gehalten gewesen wäre, sich ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen oder eine Notreparatur durchzuführen. Die Klägerin habe allenfalls Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten nach dem regionalen Normaltarif für 21 Tage. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken (13. Zivilkammer) sei der Normaltarif nach dem Marktpreisspiegel des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zu ermitteln. Zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 15 v. H. und abzüglich 10 v. H. für ersparte Aufwendungen verbleibe allenfalls ein Betrag von 698,32 EUR. Im Rahmen der Schadensminderungspflicht wäre die Klägerin gehalten gewesen, sich in der Übergangszeit bis zur Lieferung des Neuwagens ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Sie hätte sich problemlos mit dem Restwert ein Übergangsfahrzeug anschaffen können, so dass weit weniger Folgekosten entstanden wären. Die Abschleppkosten seien ebenfalls der Höhe nach nicht zu erstatten, weil die Berechnung eines Pauschalbetrags nicht prüffähig sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beschluss vom 26.02.2019 (Bd. I Bl. 114 ff. d. A.) durch Einholung des technischen Gutachtens des Sachverständigen H. H. vom 10.09.2019 (Bd. II Bl. 130 ff. d. A.). Mit dem im schriftlichen Verfahren am 03.01.2020 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 171 ff. d. A.) hat das Landgericht nach den Klageanträgen erkannt. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung rügt die Beklagte, die Klägerin wäre spätestens nach Vorliegen des von ihr eingeholten Haftpflichtschadengutachtens vom 07.11.2016 gehalten gewesen, ihr Fahrzeug instandsetzen zu lassen. Denn die Durchführung einer maximal 14 Kalendertage dauernden Reparatur hätte die 130 %-Grenze nicht überschritten. Werde die Wertminderung unberücksichtigt g...

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