Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtshilfeersuchen um Aufnahme einer Ausschlagungserklärung ist unzulässig, wenn dem ersuchenden Gericht eine - wenn auch vor einem örtlich unzuständigen Gericht wirksam erklärte - Ausschlagung bereits vorliegt.

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Aktenzeichen 3 AR 120/04-3, I 203/04)

AG St. Goar (Aktenzeichen 6 Völkingen 169/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des AG St. Goar gegen die Ablehnung seines Rechtshilfeersuchens durch das AG Saarlouis wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Am 17.6.2004 erschien beim AG - Nachlassgericht - Saarlouis Herr G. F., der in Saarlouis wohnt, und erklärte, dass er die Erbschaft nach der am 9.6.2004 in Boppard verstorbenen und zuletzt auch dort wohnhaft gewesenen J.K., geb. S., geb. am 24.11.1924 ausschlage. Die Verstorbene sei seine Mutter gewesen, diese habe einen weiteren Sohn namens H.Kü., über den Nachlass sei ihm nichts Näheres bekannt.

Der die Ausschlagung der Erbschaft aufnehmende Rechtspfleger übersandte sodann die Ausschlagungserklärung dem AG St. Goar - Nachlassgericht - zur weiteren Verwendung, bei welchem der Vorgang am 22.6.2004 einging.

Der beim AG St. Goar zuständige Rechtspfleger sandte den Vorgang mit Verfügung vom 2.7.2004 an das AG Saarlouis zurück mit dem Bemerken, dass die Ausschlagungserklärung unwirksam sein dürfte, da sie vom nicht zuständigen Nachlassgericht aufgenommen worden sei und ein wirksames Ersuchen des zuständigen Nachlassgerichts nicht vorliege. Ein solches Ersuchen werde jedoch gleichzeitig an das AG Saarlouis gestellt.

Mit Verfügung vom 15.7.2004 sandte das AG Saarlouis wiederum die Akte an das AG St. Goar - unter Ablehnung der Erledigung des Rechtshilfeersuchens - mit dem Hinweis, dass die auch von einem örtlich unzuständigen Nachlassgericht protokollierte Ausschlagungserklärung zumindest dann rechtswirksam sei, wenn diese - wie im vorliegenden Fall - vor Ablauf der Ausschlussfrist eingehe. Alles andere sei reiner Formalismus.

Das AG St. Goar hat die Akte dem Saarländischen OLG zur Entscheidung über die Ablehnung der Rechtshilfe vorgelegt.

II. 1. Das Saarländische OLG ist zur Entscheidung des Rechtshilfestreits zuständig, da es sich bei dem Nachlassverfahren um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt und das ersuchte Gericht sich im Saarland befindet (§ 2 S. 2 FGG, § 159 Abs. 1 S. 1 GVG).

2. Die als Beschwerde gegen die Ablehnung der Rechtshilfe zu betrachtende (Wolf in MünchKomm/ZPO, § 159 Rz. 1 [10]) Vorlage durch den Rechtspfleger des AG - Nachlassgerichts - St. Goar ist zulässig. Eine Entscheidung des Richters (§ 11 RPflG) vor Durchführung des Verfahrens gem. § 159 Abs. 1 S. 1 GVG ist nicht erforderlich, da ein Rechtspfleger in den ihm übertragenen Nachlasssachen zur eigenen Antragstellung nach § 159 Abs. 2 GVG befugt ist (BayObLG FamRZ 1994, 103, m.w.N.).

3. Das AG Saarlouis hat das Rechtshilfeersuchen vom 2.7.2004 jedoch nicht auszuführen.

Zwar muss auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Gericht, das von einem anderen Gericht um Rechtshilfe ersucht wird, das Ersuchen grundsätzlich ausführen (§ 2 S. 2 FGG, § 158 Abs. 1 GVG), selbst wenn es das von dem ersuchenden Gericht betriebene Verfahren für überflüssig oder unzweckmäßig hält (BayObLG FamRZ 1994, 103; OLG Düsseldorf v. 3.5.1996 - 1 Ws 320/96, MDR 1996, 843). Eine Ausnahme sieht das Gesetz nur für den Fall vor, dass die vorzunehmende Handlung in dem betreffenden Verfahren nach dem Recht des ersuchten Gerichts generell verboten ist (§ 158 Abs. 2 S. 1 GVG: BayObLG v. 6.12.1999 - 3Z AR 34/99, MDR 2000, 278 = BayObLGReport 2000, 30 = FamRZ 2000, 1444, m.w.N.) oder wenn das Rechtshilfeersuchen offensichtlich willkürlich oder - beispielsweise, weil das ersuchende Gericht die Voraussetzungen der Rechtshilfe krass missdeutet oder sie in gravierender Weise ermessensfehlerhaft in Anspruch genommen hat - offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist (OLG Frankfurt v. 27.2.1984 - 1 UFH 26/83, FamRZ 1984, 1030; OLG Schleswig v. 22.3.1995 - 1 W 14/95, 1 W 29/95, MDR 1995, 607; offen gelassen: BayObLG v. 6.12.1999 - 3Z AR 34/99, MDR 2000, 278 = BayObLGReport 2000, 30 = FamRZ 2000, 1444; OLG Hamm, Beschl. v. 29.3.1994 - 3 Ws 161/94).

So liegt der Fall hier. Zwar handelt sich bei dem Ersuchen um Aufnahme der Ausschlagungserklärung um ein grundsätzlich zulässiges Rechtshilfeersuchen (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 61. Aufl., § 1945 Rz. 7).

Bei dem Ersuchen des AG St. Goar um Aufnahme der Ausschlagungserklärung im Wege der Rechtshilfe handelt es sich jedoch um ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches und objektiv willkürliches Verlangen.

Denn Ausschlagungserklärung lag dem AG St. Goar - Nachlassgericht - zum Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens bereits vor. Das AG St. Goar hat verkannt, dass diese auch keineswegs unwirksam ist.

Zwar ist die Ausschlagung nach § 1945 Abs. 1 BGB ausschließlich vor dem Nachlassgericht zu erklären. Dies ist nach §§ 72, 73 Abs. 1 FGG das AG, bei dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Hier hatte die Verstorbene nach den bisherigen Feststellungen ih...

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