Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Normenkette

ZPO § 114 ff., § 269 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Beschluss vom 29.03.2004; Aktenzeichen 22 F 448/03 UK/UE)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - in Saarlouis vom 29.3.2004 - 22 F 448/03 UK/UE - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werde nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit ihrem am 23.10.2003 eingereichten Klageentwurf hat die Klägerin Trennungs- und Kindesunterhalt ggü. dem Beklagten geltend gemacht; gleichzeitig hat sie um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gebeten. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25.11.2003 Klageabweisung beantragt und seinerseits um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Mit Beschluss des FamG vom 9.12.2003 ist der Klägerin teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt worden; mit Schriftsatz vom 9.2.2004 hat die Klägerin eine der Prozesskostenhilfebewilligung - im Wesentlichen - entsprechende Klageschrift eingereicht, die dem Beklagten am 20.2.2004 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 24.2.2004 hat der Beklagte auf die Klage erwidert, erneut den Antrag auf Klageabweisung angekündigt und um Prozesskostenhilfe gebeten. Gleichzeitig hat er - erstmals - eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht. Mit Verfügung vom 27.2.2004 hat das FamG die Weiterleitung des Schriftsatzes vom 24.2.2004 an den Klägervertreter zur Stellungnahme binnen zwei Wochen veranlasst. Mit Schriftsatz vom 8.3.2004 - Eingang bei Gericht am 11.3.2004 - hat die Klägerin die Klage zurückgenommen unter Hinweis darauf, dass sie sich mit dem Beklagten zwischenzeitlich außergerichtlich geeinigt habe.

In dem angefochtenen Beschluss hat das FamG dem Beklagten Prozesskostenhilfe verweigert, weil das Verfahren nach der Klagerücknahme beendet gewesen sei und eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur für den hier nicht vorliegenden Fall in Betracht komme, dass von der Partei nicht zu vertretende Verzögerungen vorlägen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, der das FamG nicht abgeholfen hat.

II. Die nach § 127 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist nicht begründet, denn das FamG hat ihm zu Recht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.

Zu dem Zeitpunkt, als das FamG über den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten entschieden hat, haben die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr vorgelegen, nachdem die Klägerin zuvor die Klage zurückgenommen hatte und daher der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist (§ 269 Abs. 3 S. 1 ZPO). Demzufolge kam auch eine Rechtsverteidigung des Beklagten nicht mehr in Betracht, für die er der Prozesskostenhilfe bedurft hätte.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ändert es daran nichts, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon vor der Klagerücknahme gestellt war, denn bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfebewilligung vorliegen, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.5.1996 - 6 WF 63/96; Beschl. v. 17.5.1996 - 9 WF 36/96; OLG München v. 21.11.1997 - 12 WF 1287/97, OLGReport München 1998, 261 = FamRZ 1998, 633; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 119 Rz. 44; Musielak/Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 119 Rz. 11; FA-FamR/Oelkers, Kap. 16 Rz. 44).

Es kann dahinstehen, ob ausnahmsweise rückwirkend Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn bis zur Beendigung des Verfahrens die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tatsächlich aussichtsreich war und die Verzögerung nicht dem Antragsteller, sondern dem Gericht zuzurechnen ist (vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 119 Rz. 46; FA-FamR/Oelkers, Kap. 16 Rz. 45, jeweils m.w.N.). Denn jedenfalls wäre auf die Entscheidungsreife abzustellen, d.h. auf den Zeitpunkt, in dem das Gericht bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise über den Bewilligungsantrag hätte entscheiden müssen (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 119 Rz. 46; Musielak/Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 119 Rz. 11; FA-FamR/Oelkers, Kap. 16 Rz. 45, jeweils m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes wäre die Versagung der Prozesskostenhilfe hier zu Recht erfolgt, denn das FamG hat den vorliegenden Antrag nicht verzögert bearbeitet, sondern konnte über diesen auch bei sachgerechter Vorgehensweise nicht vor dem Wirksamwerden der Klagerücknahme entscheiden. Zur Entscheidung reif ist das Prozesskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüssig begründet sowie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die entsprechenden Belege vorgelegt hat und der Gegner Gelegenheit hatte, sich innerhalb angemessener Frist - die das FamG vorliegend beanstandungsfrei auf zwei Wochen bemessen hat - zum Prozesskostenhilfegesuch zu äußern (vgl. OLG Dresden v. 25.6.1997 - 10 WF 93/97, OLGReport...

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