Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenvorschuss: Anspruch einer getrennt lebenden Ehefrau gegen den Ehemann

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Prozesskostenvorschussanspruch eines Ehegatten, der vom anderen Ehegatten getrennt lebt, besteht nach § 1316 Abs. 4 S. 4 i.V.m. § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB auch dann, wenn dieser den Prozesskostenvorschuss zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber nach § 115 Abs. 1 und 2 ZPO, der regelmäßig auch seinen notwendigen Selbstbehalt wahrt, für eine eigene Prozessführung zu Ratenzahlungen in der Lage wäre. Dann kann dem vorschussberechtigten Ehegatten Prozesskostenhilfe nach §§ 114, 115 Abs. 3 S. 1 ZPO auch nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden.

 

Normenkette

BGB § 1360a Abs. 4 S. 1, § 1361 Abs. 4 S. 4; ZPO §§ 114-115

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 02.07.2009; Aktenzeichen 39 F 245/07 S)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarbrücken vom 2.7.2009 - 39 F 245/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Familiengericht der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe nur gegen Zahlung monatlicher Raten i.H.v. 225 EUR bewilligt.

Der Antragsgegnerin steht ein deckungsgleicher Anspruch gegen den Antragsteller auf Prozesskostenvorschuss zu, den als Vermögen zur Verfahrensfinanzierung einzusetzen ihr nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO zumutbar ist. Der Anspruch folgt dem Grunde nach aus § 1361 Abs. 4 S. 4 i.V.m. § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB; denn die Antragsgegnerin ist nicht in der Lage, die Kosten des - hinreichende Aussicht auf Erfolg bietenden - Scheidungsverbundverfahrens zu tragen und eine Prozesskostenvorschusspflicht des Antragstellers entspricht bei den gegebenen Umständen auch der Billigkeit.

1. Dies wäre allerdings dann nicht der Fall, wenn der Antragsteller nicht hinreichend leistungsfähig wäre. Insoweit ist - abweichend von der Handhabung des Familiengerichts - nicht die prozesskostenhilferechtliche Bedürftigkeit des auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch Genommenen maßgeblich, sondern sind unterhaltsrechtliche Grundsätze heranzuziehen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1633 [1634]; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1360a Rz. 12; jurisPK-BGB/Grandel, 4. Aufl. 2008, § 1360a Rz. 40 a.E. m.w.N.), weil der Prozesskostenvorschussanspruch seinen Grund in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen der voneinander getrennt lebenden Ehegatten zueinander hat und sich aus einer besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen ergibt. Deshalb ist auf die auch sonst gültigen Selbstbehaltssätze der unterhaltsrechtlichen Leitlinien zurückzugreifen, wobei im Rahmen der Prozesskostenvorschusspflicht unter Ehegatten auf den angemessenen Selbstbehalt nach § 1581 S. 1 BGB abzustellen ist (vgl. BGH FamRZ 2004, 1633, 1634).

Verbleiben dem auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch Genommenen hiernach Beträge, die den unterhaltsrechtlich maßgeblichen Selbstbehalt überschreiten, so entspricht eine Prozesskostenvorschusspflicht allerdings dann nicht der Billigkeit, wenn der in Anspruch Genommene selbst Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung erhalten würde, weil er nicht verpflichtet sein kann, seinem getrennt lebenden Ehegatten die Kosten eines Prozesses vorzuschießen, wenn er für die Kosten eines Prozesses in eigenen Angelegenheiten nicht aufkommen müsste, weil ihm dafür ratenlose Prozesskostenhilfe bewilligt würde (vgl. BGH FamRZ 2004, 1633, 1634). Hätte aber der dem Grunde nach Vorschussverpflichtete selbst Anspruch auf Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung, so ist er grundsätzlich - jedenfalls seinem vollumfänglich bedürftigen Ehegatten gegenüber - prozesskostenvorschussverpflichtet, dies allerdings nur bis zu dem Betrag, den er im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Prozesskosten monatlich als Rate einsetzen müsste.

Soweit die Antragsgegnerin hiergegen erinnert, dass dies nur im Verhältnis von Eltern zu ihren - von ihnen Prozesskostenvorschuss fordernden - minderjährigen Kindern gelte, verhilft dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Senat teilt die Rechtsansicht des Familiengerichts, dass die vorgenannten Grundsätze auch die wechselseitige Prozesskostenvorschusspflicht voneinander getrennt lebender Ehegatten anbetreffen. Beide unterhaltsrechtlich zu qualifizierenden Ansprüche sind Ausdruck einer besonderen Verantwortung des Pflichtigen für den Berechtigten und die Situation des noch nicht geschiedenen Ehegatten ist - diesbezüglich - mit der des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes vergleichbar; gerade deshalb wird der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss des Letzteren nach inzwischen einhelliger Auffassung auf eine Analogie zu § 1360a Abs. 4 BGB gestützt (vgl. BGH FamRZ 2005, 883, 885 m.w.N.).

2. Von diesen Grundsätzen ausgehend steht der Antragsgegnerin vorliegend gegen den Antragsteller ein Prozesskostenvorschussanspruch i.H.v. 225 EUR zu.

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