Leitsatz (amtlich)

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Strafbefehlsverfahren nach § 408b Satz 1 StPO ist auf das schriftliche Verfahren bis zur Einleitung des Einspruchs gegen den Strafbefehl beschränkt und gilt daher nicht für die anschließende Hauptverhandlung.

 

Normenkette

StPO § 408b

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Entscheidung vom 25.07.2014; Aktenzeichen 6 Qs 88/14)

AG Saarbrücken (Entscheidung vom 08.05.2014; Aktenzeichen 130 Ds 57/13)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Verteidigers vom 13. August 2014 wird der Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 25. Juli 2014 aufgehoben. Auf die Beschwerde des Verteidigers vom 28. Mai 2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 8. Mai 2014 aufgehoben.

Auf die Erinnerung des Verteidigers vom 24. Februar 2014 wird die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Saarbrücken vom 18. Februar 2014 dahin abgeändert, dass über den bereits festgesetzten Betrag in Höhe von 408,17 € hinaus eine an Rechtsanwalt pp., aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung in Höhe eines weiteren Betrages von 316,54 € festgesetzt wird.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Saarbrücken - Strafrichterin - hat in der Hauptverhandlung vom 26. August 2013 gegen den nicht erschienenen Angeklagten auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl nach § 408a StPO erlassen, mit dem gegen den Angeklagten eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt worden ist. Zugleich hat das Amtsgericht dem Angeklagten, der noch keinen Verteidiger hatte, "für das Strafbefehlsverfahren" Rechtsanwalt pp., gemäß § 408b StPO als Verteidiger bestellt. Nach Zustellung des Strafbefehls hat Rechtsanwalt pp. unter Bezugnahme auf seine Bestellung zum Pflichtverteidiger zunächst Akteneinsicht beantragt und sodann vorsorglich Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, wobei er darauf hingewiesen hat, dass ihm eine Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten zwecks Abklärung, ob der Einspruch aufrechterhalten werde, bislang noch nicht gelungen sei. Nachdem eine weitere Stellungnahme des Angeklagten und seines Pflichtverteidigers ausgeblieben war, hat das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung bestimmt und hierzu den Angeklagten sowie Rechtsanwalt pp. - letzteren gegen Empfangsbekenntnis - geladen. In der in Anwesenheit des Angeklagten und des Rechtsanwalts pp. durchgeführten Hauptverhandlung vom 13. Januar 2014 hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen in 10 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15,-- € verurteilt. Das Urteil ist seit dem 21. Januar 2014 rechtskräftig.

Mit Schriftsatz vom 13.01.2014 hat Rechtsanwalt pp. die Festsetzung seiner Vergütung als Pflichtverteidiger aus der Landeskasse wie folgt beantragt:

Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG

160,00 €

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4106 VV RVG

132,00 €

Terminsgebühr gemäß Nr. 4108 VV RVG

220,00 €

Fahrtkosten für HV-Termin vom 13.01.14 gemäß Nr. 7003 VV RVG (70 km à 0,30 €)

21,00 €

Tage- und Abwesenheitsgeld für den 13.01.14 gemäß Nr. 7005 VV RVG

25,00 €

Fotokopierkosten gemäß Nr. 7000 VV RVG

31,00 €

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

609,00 €

Umsatzsteuer in Höhe von 19% gemäß Nr. 7008 VV RVG

115,71 €

Endsumme

724,71 €

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Saarbrücken hat die Herrn Rechtsanwalt pp. aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung am 18. Februar 2014 auf 408,17 € festgesetzt. Hierbei hat er die Terminsgebühr, die Fahrtkosten für den Hauptverhandlungstermin vom 13.01.2014 sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld für diesen Tag, mithin einen Betrag in Höhe von insgesamt 316,54 € (einschließlich Umsatzsteuer) abgesetzt, da sich die Beiordnung vom 26.08.2013 lediglich auf das Strafbefehlsverfahren erstreckt habe. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Rechtsanwalts pp., der der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat, hat das Amtsgericht Saarbrücken - Strafrichterin - mit Beschluss vom 8. Mai 2014 zurückgewiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Saarbrücken nach Übertragung des Verfahrens auf die Kammer die Beschwerde des Rechtsanwalts pp. vom 28. Mai 2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 8. Mai 2014, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, als unbegründet verworfen und die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die besseren Argumente sprächen für die Ansicht, nach der die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 408b StPO auf die Zeit bis zur Einlegung eines Einspruchs gegen den Strafbefehl beschränkt sei und nicht für die anschließende Hauptverhandlung gelte.

Hiergegen wendet sich Rechtsanwalt pp. mit seiner weiteren Beschwerde. Er ist nach wie vor der Ansicht, dass die Bestellung zum Pflichtverteidiger nach § 408b StPO auch nach Einlegung eines Einspruchs gegen den Strafbefehl für...

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