Leitsatz (amtlich)

Die Ausschlagungsfrist ist infolge höherer Gewalt gehemmt, wenn eine rechtzeitig beantragte betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt wird.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 25.08.2010)

 

Tenor

I. Der Beschluss des AG - Nachlassgericht - Saarbrücken vom 25.8.2010 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG - Nachlassgericht - Saarbrücken zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Antragsteller wenden sich gegen die Versagung eines Erbscheins.

Am 25.4.2009 verstarb in F. der Erblasser H. A. B. Er hatte am 28.3.1995 mit seiner geschiedenen Ehefrau T. B. einen Erbvertrag errichtet, dessen einzige Regelung eine wechselseitige Einsetzung der Eheleute zu Alleinerben gewesen ist (Bl. 3 der Beiakte 18 IV 753/09). Mit Scheidungsurteil vom 21.4.2008 (AG Saarbrücken 40 F 339/07 S; Urteil nicht bei der Akte) wurden die Eheleute geschieden (s. auch das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau vom 4.8.2009, Bl. 18 der Beiakte 18 IV 753/09). Der Erblasser hatte keine Kinder. Die Eltern des Erblassers und eine Schwester (Frau L. W.) sind vorverstorben.

Die Erbschaft haben ausgeschlagen:

  • die Schwester des Erblassers, E. P. geborene B. (Bl. 1 der Beiakte 18 VI 1441/09), sowie deren Kinder U. M. B, P. U. B. (Bl. 37 der Beiakte 18 VI 1441/09), B. A. B. (Bl. 41 der Beiakte 18 VI 1441/09) und S. A. B. (Bl. 40 der Beiakte 18 VI 1441/09), Letzterer hat gemeinsam mit seiner Ehefrau Da. B. zu Protokoll der Rechtspflegerin beim Nachlassgericht die Erbschaft auch ausgeschlagen für das minderjährige Kind N. B. (Bl. 40 der Beiakte 18 VI 1441/09),
  • der Bruder des Erblassers, W. B. - Vater der Do. B. - (Erklärung vom 7.8.2009, Bl. 4 der Beiakte 18 VI 1441/09), und dessen Tochter K. R. (Bl. 34 der Beiakte 18 VI 1441/09),
  • der Sohn der vorverstorbenen Schwester L. W. geborene B., Dr. W. W.; dieser hat gemeinsam mit seiner Ehefrau C. Br. die Erbschaft auch ausgeschlagen für den minderjährigen Sohn J. K. Br. (Bl. 12 der Beiakte 18 VI 1441/09).

Für die Tochter Do. B. des Bruders des Erblassers W. B. ist eine Betreuung eingerichtet. Betreuer sind die Eltern (W. B. und T. B.), u.a. für die Aufgabenkreise, Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten (Bestallungsurkunden des AG Ottweiler, 9-XII-321-04, Bl. 10, 18 der Beiakte 18 VI 1441/09).

Die Eltern der Do. B. haben mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 7.8.2009 und vom 25.8.2009 das Erbe für ihre Tochter ausgeschlagen. Der Notar hat im Erbausschlagungsverfahren mit Schreiben vom 10.8.2009 und vom 25.8.2009 zunächst einfache Ablichtungen der Ausschlagungserklärungen zur Akte gereicht (Bl. 6, 8, 14, 16 der Beiakte18 VI 1441/09). In dem Schreiben hat er darauf hingewiesen, dass mit gleicher Post eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung beantragt worden sei und dass das Original der Ausschlagungserklärungen zusammen mit der Genehmigung übersandt werde. Das Nachlassgericht hat mit Schreiben vom 28.8.2009 aufgefordert, Ausfertigungen der Ausschlagungserklärungen vorzulegen "zur Wahrung der Form und Frist" (Bl. 18 Rs. der Beiakte 18 VI 1441/09). Der Notar kam dem am 16.9.2009 nach (Bl. 23 ff. der Beiakte 18 VI 1441/09). Mit weiterer Verfügung vom 5.10.2009 (Bl. 33 Rs. der Beiakte 18 VI 1441/09) wurde der Notar vom Nachlassgericht erneut angeschrieben; er solle die Originale der Ausschlagungserklärungen einreichen, man habe versehentlich zuvor nur Ausfertigungen angefordert. Der Notar äußerte sich unter dem 13.10.2009 und wies erneut darauf hin, dass die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung beantragt sei und die Originalerklärungen zur Erbschaftsausschlagung nach Erhalt der Genehmigungen unaufgefordert übersandt würden (Bl. 36 d.A.). Am 30.11.2009 reichte der Notar die urschriftlichen Ausschlagungserklärungen zur Akte (Bl. 43-50 der Beiakte 18 VI 1441/09). Das AG Neunkirchen genehmigte die Erbausschlagung des W. B. und der T. B. für ihre Tochter Do. B. mit Beschluss vom 31.3.2010, welcher dem Notar am 8.4.2010 zuging und einen Tag später ans AG weitergeleitet wurde (Bl. 59, 60 der Beiakte 18 VI 1441/09).

Die Erbschaft wurde angenommen von den weiteren fünf Geschwistern. Vier von ihnen haben mit notarieller Urkunde des Notars T. R. vom 27.4.2010 (Urkunde Nr. 441/10, Bl. 2 d.A.) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, in welchem sie und ihr Bruder E. H. B. als Miterben zu je 1/5 ausgewiesen sein sollten (Bl. 4, 5 d.A.). Der Miterbe E. H. B. hat sich hiermit einverstanden erklärt (Bl. 18 d.A.)

Mit Schreiben vom 15.6.2010 hat das Nachlassgericht den Notar darauf hingewiesen, dass die Ausschlagungserklärungen der Eheleute W. und T. B. als Betreuer der Do. B. nur in einfacher Kopie vorgelegt worden seien und dass die Erbausschlagung außerdem eine Genehmigung des Betreuungsgerichts erfordere. Diese Fehler seien durch die spätere Einreichung der Ausschlagungserklärungen nebst betreuungsgerichtlicher Genehmigung nicht heilbar gewesen (Bl. 19 d.A.). Des Weiteren wurde u.a. eine Geburtsurkunde der N. B...

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