Leitsatz (amtlich)

Die einem Ehegatten anlässlich der Auflösung eine Arbeitsvertrages zugeflossene Abfindung kann mit dem zum Stichtag für das Endvermögen maßgeblichen Betrag eine im Zugewinn auszugleichende Vermögensposition sein, soweit mangels Einbeziehung der Abfindung in eine Unterhaltsregelung das Doppelverwertungsverbot nicht greift und der Ausgleichspflichtige aufgrund einer stichtagsbezogenen Prognose darauf weder zur Deckung seines eigenen Unterhaltsbedarfs noch desjenigen anderer Unterhaltsberechtigter angewiesen ist.

 

Normenkette

BGB § 1375

 

Verfahrensgang

AG Neunkirchen (Beschluss vom 04.06.2021; Aktenzeichen 17 F 114/19 S)

 

Tenor

1. Auf die Erstbeschwerde der B. GmbH wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Neunkirchen vom 4. Juni 2021 - 17 F 114/19 S - in Ziffer 9. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B. GmbH (BVP Firmenbeiträge - VV-Nr. 1, Versicherungsnummer: xxx) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 15.201,80 EUR, bezogen auf den 31. März 2019, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet. Die B. GmbH wird verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 2,23 % aus einem Betrag in Höhe von 13.206,97 EUR seit dem 1. April 2019 bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen.

2. Die Zweitbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner mit Ausnahme der den weiteren Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten, welche nicht erstattet werden. Die Kosten der ersten Instanz tragen die Antragstellerin zu 56 % und der Antragsgegner zu 44 %.

 

Gründe

I. Die am 24. November 1963 geborene Antragstellerin (fortan: Ehefrau) und der am 8. März 1962 geborene Antragsgegner (Ehemann), beide deutsche Staatsangehörige, haben am 18. November 1994 miteinander die Ehe im gesetzlichen Güterstand geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Die Beteiligten haben sich im April 2018 getrennt. Der Ehemann - von Beruf Elektriker und zuletzt als Qualitätsprüfer bei der Firma B. in H. beschäftigt - ist im Juli 2018 endgültig aus der Ehewohnung in dem im jeweils hälftigen Miteigentum der Ehegatten stehenden Hausanwesen W. in N. ausgezogen. Die Ehefrau - Bürokauffrau bei der Firma K. in N. - bewohnt seitdem mietfrei eine Wohneinheit dieses Anwesens; eine weitere Wohneinheit ist unvermietet. Unterhaltsansprüche wurden nach der Trennung wechselseitig nicht erhoben.

Der Ehemann unterzeichnete im Juni 2017 einen Aufhebungsvertrag mit der Firma B. GmbH, auf Grund dessen das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2017 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von brutto 217.399 EUR beendet wurde. Von dieser Abfindung wurde ein Betrag in Höhe von 20.000 EUR in die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes eingezahlt, welche (u.a.) Gegenstand des Versorgungausgleichs ist. Im Januar 2018 wurde dem Ehemann ein Nettobetrag in Höhe von 153.231,43 EUR ausgezahlt. Im Anschluss an sein Ausscheiden bei der B. GmbH bemühte sich der Ehemann nicht mehr um eine andere Beschäftigung. Von Dezember 2018 bis Oktober 2020 bezog er Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.591,50 EUR, ab November 2020 in Höhe von monatlich 1.618,50 EUR (bis April 2022) und strebt seine Verrentung ab Dezember 2023 an.

Mit ihrem dem Ehemann am 23. April 2019 zugestellten Antrag hat die Ehefrau die Scheidung der Ehe begehrt. Nachfolgend hat sie den Ehemann im Verbund im Wege eines Stufenantrages zuletzt auf Zahlung von Zugewinn in Höhe von 84.743,91 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Der Ehemann hat der Ehescheidung zugestimmt und in der Folgesache Güterrecht auf Abweisung angetragen.

In der gesetzlichen Ehezeit (1. November 1994 bis 31. März 2019, § 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, die Ehefrau außerdem in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und der Ehemann in der privaten Altersversorgung sowie in der betrieblichen Altersversorgung, und zwar u.a. - insoweit für das Beschwerdeverfahren allein von Interesse - ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung im Durchführungsweg einer Direktzusage bei der B. GmbH - BVP Firmenbeiträge - VV-Nr. 1 (101893501) Kapital - (Erstbeschwerdeführerin, weitere Beteiligte zu 1) mit einem Ehezeitanteil in Höhe von 30.403,60 EUR, bestehend aus leistungsorientierten und fondshinterlegten Zusageteilen, erworben. Der Versorgungsträger hat einen Ausgleichswert in Höhe von 15.201,80 EUR vorgeschlagen und die externe Teilung beantragt. Die Ehefrau hat die Deutsche Rentenversicherung Bund (weitere Beteiligte zu 5) als Zielversorgung benannt, welche ihr Einverständnis mit der Aufnahme des Anrechts erklärt hat.

In der Folgesache Zugewinnausgleich haben die Ehegatten u.a. um die Behandlung zweier Allianz-Depot-Konten des Ehemannes im Wert von (zum Stichtag 23. April 2019) 50.000 EUR und 40.000 EUR, welche aus der Abfindungszahlun...

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