Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Zum erforderlichen Feststellungsinteresse einer Klage des möglicherweise Pflichtteilsberechtigten auf Feststellung seines Pflichtteilsanspruches gegen den späteren Erblasser.

 

Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 05.06.1985; Aktenzeichen 6.0.127/85)

 

Tenor

wird auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 13.6.1985 gegen den Beschluß des Landgerichts vom 5.6.1985 – 6.0.127/85 – unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe bewilligt, und zwar ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt

Ohne besondere Kostenentscheidung.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist such begründet.

Das Landgericht hat die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, daß der beabsichtigten Klans das Interesse an alsbaldiger Feststellung fehle. Es sieht ein solches Interesse nur für die Klage des Erblassers auf Feststellung, daß er berechtigt sei, einem gesetzlichen Erben das Pflichtteil zu entziehen.

Dem vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen.

Was die Kommentierung zu § 256 ZPO angeht, so wird in Stein-Jonas, Anm. II 1 a zu § 256 ZPO ausgeführt: „Das Pflichtteilsrecht kann in gewissen Grenzen Gegenstand einer Feststellungsklage sein.” Es wird dann auf AG 92 S. 1 verwiesen. Wenn es dann in Anm. II Nr. 4 heißt: „Der voraussichtliche gesetzliche Erbe kann aber nicht zu Lebzeiten des Erblassers auf … Feststellung des Pflichtteilsanspruchs klagen”, so liegt darin kein Widerspruch zu dem ersten Zitat, denn das AG hat in RG 92 S. 1 ff. bereits darauf hingewiesen, daß zu unterscheiden ist zwischen Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch. Das Pflichtteilsrecht besteht unter Lebenden und hat, auch rechtliche Auswirkungen, während der Pflichtteilsanspruch erst u. a. im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entsteht.

Zöller. 14. Aufl. zu § 256 ZPO, Anm. III, Ziff. 11 führt aus: „Kein Feststellungsinteresse bezügl. Erbrecht gegenüber dem noch lebenden Erblasser, anders für die Feststellung, ob Grund für Pflichtteilsentziehung vorliegt.”

Er bezieht sich dann auf den BGH in NJW 74/1085 und weist auf den Aufsatz von Lange in NJW 63 S. 1573 hin.

Ähnlich äußert sich auch Baumbach, 43. Aufl., Anm. 5 zu § 256 ZPO unter dem Stichwort „Erbrecht”.

Keiner dieser Kommentare macht einen Unterschied zwischen der Feststellungsklage des Erblassers und derjenigen des Pflichtteilsberechtigten.

Die beiden erwähnten höchstrichterlichen Entscheidungen RG 92 S. 1, BGH in NJW 74/1085, welche die Feststellungsklage des Erblassers für gerechtfertigt halten, erwähnen die Feststellungsklage des Pflichtteilsberechtigten nicht. Sie brauchten es auch nicht, da beiden Entscheidungen Klagen des Erblassers zugrundelagen. Das erkennende Gericht verkennt nicht, daß die Interessenlage bei der Klage des Erblassers nicht deckungsgleich ist mit der Klage des Pflichtteilsberechtigten; sie ist aber nicht so unterschiedlich, daß eine unterschiedliche Behandlung der beiden Klagen gerechtfertigt wäre. Erwähnt sei noch, daß Lange in seinem oben zitierten Aufsatz beide Klagen ausdrücklich für zulässig hält.

Danach war, wie geschehen, zu entscheiden.

 

Unterschriften

gez.: Bayer, J. Becker, Maurer

 

Fundstellen

Haufe-Index 939295

NJW 1986, 1182

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