Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheiten eines Unterhaltspflichtigen. Keine Anerkennung von Fahrtkosten für Wochenend-Heimfahrten bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der gegenüber einem minderjährigen Kind bestehenden Erwerbsobliegenheit ist der Unterhaltspflichtige gehalten, alle Erwerbsobliegenheiten und auch einschneidende Veränderungen in seiner Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen. Deshalb können zur Führung einer Wochenendehe bedingende Fahrtkosten bei der Bemessung des zur Verfügung stehenden Einkommens keine Berücksichtigung finden.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2; ZPO § 127

 

Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Beschluss vom 12.12.2007; Aktenzeichen 12 F 27/08 UK)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - FamG - St. Ingbert vom 12.12.2007 - 11 F 186/07 - in der Fassung des der sofortigen Beschwerde nicht abhelfenden Beschlusses vom 21.1.2008 - 12 F 27/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist das minderjährige Kind des Klägers. Zu seinen Gunsten hat sich der Kläger in einer Jugendamtsurkunde vom 18.3.2004, UR-Nr. XXX/2004, zur Zahlung von Kindesunterhalt ab dem 1.2.2004 i.H.v. monatlich 114 % der ersten Altersstufe gem. § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 227 EUR, abzgl. des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 35 EUR (Zahlbetrag 192 EUR), ab dem 1.8.2008 i.H.v. monatlich 114 % der zweiten Altersstufe gem. § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 275 EUR, abzgl. des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 26 EUR (Zahlbetrag 249 EUR) und ab dem 1.8.2014 i.H.v. monatlich 114 % der dritten Altersstufe gem. § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 324 EUR, abzgl. des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 17 EUR (Zahlbetrag 307 EUR), verpflichtet.

Der Kläger hat um Prozesskostenhilfe für eine Klage nachgesucht, mit der er eine Abänderung des in der Jugendamtsurkunde titulierten Kindesunterhalts erreichen will. Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass er wegen eines schwerwiegenden Krebsleidens seit dem 1.12.2005 nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. (derzeit) monatlich 860,66 EUR sowie monatlich 350 EUR aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit beziehe. Demgegenüber stünden monatliche Fahrtkosten i.H.v. 520 EUR zu seiner 520 km entfernt wohnenden Ehefrau, die lediglich über ein monatliches Einkommen i.H.v. ca. 1.200 EUR verfüge. Sein verbleibendes Resteinkommen liege unter dem Selbstbehalt.

Das AG hat durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 14 ff. d.A.), dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert und darauf verwiesen, dass die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten unverhältnismäßig seien und es dem Antragsteller zudem zuzumuten sei, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen.

Gegen den Beschluss vom 12.12.2007, nach dem Vorbringen des Klägers zugestellt am 18.12.2007, hat der Kläger mit am 18.1.2008 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass Fahrten mit der Bahn Kosten i.H.v. monatlich 420 EUR verursachten, wobei ihm eine Bahnreise mit einer Dauer von 71/2 bis 8 Stunden und der Notwendigkeit mehrmaligen Umsteigens wegen seiner Erkrankung nicht zumutbar sei. Ein Umzug zum Wohnort seiner Ehefrau sei ihm wegen seiner Erkrankung (Betreuung durch die Ärzte seines Vertrauens "am Ort") sowie der fehlenden Möglichkeit, am neuen Wohnort eine Arbeitsstelle zu finden, ebenfalls nicht zuzumuten. Zudem würde ein Umzug die Umgangskontakte zu seinem Sohn, dem Beklagten, wegen der Entfernung unmöglich machen (Bl. 15 ff/19 ff. d.A.).

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten zur Ehefrau ggü. dem Unterhaltsanspruch, der das Existenzminimum des Kindes sichere, keine Berücksichtigung finden könnten. Von daher sei der Kläger gehalten, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnort zu wählen oder die Besuche nur im Rahmen der verbleibenden Einkünfte vorzunehmen (Bl. 25/26 d.A.).

Der Kläger hält die sofortige Beschwerde aufrecht.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn das beabsichtigte Klageverfahren bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Gegenüber dem Unterhaltsanspruch des minderjährigen Beklagten kann sich der Kläger unter Berücksichtigung des ihm zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens (1210,66 EUR) nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Sein Einkommen liegt bei Leistung von angefordertem Kindesunterhalt i.H.v. 125 EUR (Bl. 3 d.A.) weder unter dem für Berufstätige i.H.v. 900 EUR noch für Nichtberufstätige i.H.v. 770 EUR nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien anerkannten Selbstbehalt.

Gegenüber dem Beklagten als minderjährigem Kind gilt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Zur Sicherung des angemessenen Unterhaltes seines minderjährigen Kindes bis zur Höhe des jeweiligen Regelbedarfes trifft den Kläger als ...

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