Leitsatz

Wer einen Gebrauchtwagenkauf rückabwickelt, muss Nutzungsentschädigung zahlen. Der Käufer muss sich die finanziellen Vorteile anrechnen lassen, die ihm durch die Nutzung des Gebrauchtwagens vor der Rückabwicklung entstanden sind.

 

Sachverhalt

36000 km mehr standen auf dem Kilometerzähler eines 3-er BMW, als sein Eigentümer mit ihm beim Gebrauchtwagenhändler vorfuhr und wegen mehrerer Defekte den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte. Der Händler nahm den Wagen zurück, er war jedoch nicht bereit, den vollständigen Kaufpreis an den Käufer zurück zu überweisen. Er zog davon den Wert der zwischenzeitlichen Laufleistung des Wagens ab, nach seiner Berechnung 3 000 EUR. Damit war der Käufer nicht einverstanden und klagte. Nach einem Zug durch die Instanzen entschied der BGH: Der ehemalige Käufer muss sich die finanziellen Vorteile anrechnen lassen, die ihm durch die Nutzung des Gebrauchtwagens vor der Rückabwicklung entstanden sind. Er muss also Nutzungswertersatz zahlen. Die Richter setzten sich bei dieser Entscheidung auch mit einem Urteil des EuGH und der Europäischen Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie auseinander.

Einen Verstoß gegen die dort aufgestellten Grundsätze sahen die Richter nicht. Bei dem Urteil der EuGH-Richter ging es nicht um den Rücktritt vom Vertrag, sondern um eine Ersatzlieferung, also einen Warenumtausch. Eine Quelle-Kundin hatte über ein Jahr einen defekten Backofen genutzt und dann den Umtausch vom Versandhaus verlangt. Quelle verlangte 70 EUR für die Nutzung des Herds. Der EuGH lehnte in diesem Fall einen Nutzungswertersatz ab.

Diese Grundsätze seien aber nicht auf die komplette Rückabwicklung eines Kaufs anwendbar. Der EuGH habe die Quelle-Entscheidung damals ausdrücklich auf den Warenumtausch beschränkt, argumentierten die Richter. Sie beriefen sich auch auf die Begründung zur Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 25.5.1999, der eine Berücksichtigung der Benutzung der vertragswidrigen Ware bei einer Vertragsauflösung ausdrücklich gestattet.

 

Hinweis

Anders ist es wiederum beim Internethandel. Hier muss bei einem Widerruf nur dann Wertersatz geleistet werden, wenn der Kunde die Ware über das bloße Testen hinaus abgenutzt hat (EuGH, Urteil v. 3.9.2009, C-489/07).

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 16.09.2009, VIII ZR 243/08.

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