Leitsatz

Auch der Zwangsverwalter ist nicht berechtigt, vor der Beschlagnahme fällig gewordene rückständige Hausgelder (einschließlich rückständiger Sonderumlagebeiträge) mit Anerkenntniswirkung für den Schuldner an die Gemeinschaft zu bezahlen

 

Normenkette

§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB; §§ 152 Abs. 1, 155 Abs. 1, 156 Abs. 1 Satz 2 ZVG

 

Kommentar

  1. Hausgeldzahlungen, die der Zwangsverwalter in Erfüllung der ihm durch § 152 Abs. 1 ZVG zugewiesenen Aufgaben an den Gläubiger leistet (hier: an die Gemeinschaft), muss der Eigentumsschuldner mit Wirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gegen sich gelten lassen. Ein Vollstreckungsschuldner in der Zwangsverwaltung verliert mit der Beschlagnahme das Recht, seine beschlagnahmte Wohnung zu verwalten und zu nutzen (§ 148 Abs. 2 ZVG). Diese Befugnisse werden vom Zwangsverwalter ausgeübt, der insoweit als Träger der Rechte und Pflichten des Vollstreckungsschuldners an dessen Stelle tritt. Der Schuldner wird so behandelt, als seien die fälligen Zahlungen von ihm selbst geleistet worden; er muss die Zahlungen mit Wirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gegen sich gelten lassen. Damit erfüllt der Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs. 1 ZVG erforderliche Pflichten, um das Grundstückseigentum in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu nutzen. Zahlungen sind aus den Nutzungen (Mieteinnahmen) vorweg zu bestreiten, also auch die laufenden Hausgeldzahlungsverpflichtungen des Schuldners im Sinne des § 156 Abs. 1 Satz 2 ZVG.
  2. Allerdings gehören zu den vorweg zu bestreitenden Ausgaben der Verwaltung nicht vor der Beschlagnahme fällig gewordene rückständige Hausgelder (h.M.), was auch für rückständige Sonderumlagen gilt; solche können nur gemäß § 155 Abs. 2 Satz 2 ZVG im gerichtlichen Verteilungsverfahren berücksichtigt werden, wenn die Gemeinschaft wegen solcher Ansprüche die Zwangsverwaltung betreibt (vgl. Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 11. Aufl., § 16 Rn. 191). Unberechtigte Zahlungen des Zwangsverwalters können dem Schuldner dann auch nicht als Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zugerechnet werden.
  3. Vorliegend hatte der Zwangsverwalter Teilzahlungen mit Fälligkeit vor Anordnung der Zwangsverwaltung geleistet, der Schuldner insoweit auch solchen Zahlungen in Auslegung einer entsprechenden Widerrufserklärung widersprochen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 9.12.2011, V ZR 131/11

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