Viele Rechtsordnungen kennen - im Gegensatz zum deutschen Scheidungsrecht – die sog. Trennung von Tisch und Bett ohne Auflösung des Ehebandes. Formal kommen hierfür zwei Formen in Betracht:

  • Trennung von Tisch und Bett als Ersatz für eine Scheidung, insbesondere in Rechtsordnungen, die eine Scheidung nicht zulassen.
 
Praxis-Tipp

Da mittlerweile auch Malta im Jahr 2011 die Scheidung eingeführt hat, hat die Bedeutung der Trennung von Tisch und Bett als Ersatz für die Scheidung abgenommen.

  • Trennung von Tisch und Bett als Vorstufe zur Scheidung. Im Unterschied zum deutschen Recht muss die Trennung in einigen Rechtsordnungen in einem formalisierten gerichtlichen Verfahren festgestellt werden. In anderen Rechtsordnungen hingegen ist die Trennung von Tisch und Bett lediglich eine Alternative zur Scheidung und nicht deren Voraussetzung.

Art. 9 Abs. 1 ROM-III-Verordnung sichert – vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl – die Kontinuität des auf die Trennung und der nachfolgenden Scheidung anwendbaren Rechts, indem bei der Umwandlung der Trennung in eine Scheidung, das auf die Trennung anwendbare Recht maßgeblich ist. Dies gilt auch, wenn der Umwandlungsantrag vor dem 21.6.2012 (Art. 18 ROM-III-Verordnung) ausgesprochen wurde.[1] Zu einem Statutenwechsel kann es aber kommen, wenn vor dem Stichtag die Trennung ausgesprochen wurde und ein Ehegatte nach dem nach der ROM-III-Verordnung zu bestimmenden Scheidungsstatut die Scheidung begehrt.

 
Praxis-Beispiel

[2] Für ein in Deutschland lebendes italienisches Ehepaar wurde im Jahr 2011 unter Anwendung des italienischen Rechts eine "separazione giudiziale" ausgesprochen. Die Ehefrau beantragte am 22.6.2012 Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung der Scheidung nach deutschem materiellen Recht. Sie berief sich dabei auf Art. 8 lit. a ROM-III-Verordnung, da beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland unterhielten.

Die erste sowie die zweite Instanz wiesen den Verfahrenskostenhilfeantrag als unbegründet zurück. Das OLG Stuttgart[3] berief sich darauf, dass nach gerichtlicher Trennung das Scheidungsstatut unwandelbar auf das im Trennungsverfahren angewandte Recht festgelegt sei. Dem OLG Stuttgart ist jedoch nicht zu folgen, da der Kontinuitätsgedanke des Art. 9 ROM-III-Verordnung nur eine echte Umwandlung der Trennung in eine Scheidung erfasst.[4] Der unmittelbare Weg zur Scheidung darf dem Antragsteller nach dem von Art. 8 ROM-III-Verordnung bei Scheidungsantragstellung zu bestimmenden Rechts, wird durch Art. 9 ROM-III-Verordnung nicht abgeschnitten.[5]

Art. 9 Abs. 2 ROM-III-Verordnung betrifft nur die Fälle, in denen die Trennung von Tisch und Bett als Ersatz für eine Scheidung geregelt ist, und das auf die Trennung von Tisch und Bett angewandte Recht eine Umwandlung in eine Scheidung nicht vorsieht. In diesen Fällen findet – vorbehaltlich einer Rechtswahl – das nach Art. 8 ROM-III-Verordnung zu ermittelnde Scheidungsstatut Anwendung.

[1] MükoBGB/Winkler von Mohrenfels ROM-III-Verordnung Art. 9 Rn. 2.
[2] Fall angelehnt an OLG Stuttgart FamRZ 2013 2013, 1803.
[3] OLG Stuttgart, FamRZ 2013 2013 S. 1803; siehe auch OLG Nürnberg, FamRZ 2014 S. 835.
[4] Rauscher/Pabst, NJW 2013, S. 3692 (3693); MükoBGB/Winkler von Mohrenfels ROM-III-Verordnung Art. 9 Rn. 2.
[5] S. Rauscher, IPR, a. Aufl. (2012), Rn. 829.

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