Leitsatz

Ein mit einem Steuerberater geschlossener Vertrag, der auch eine Beratung in Steuerangelegenheiten zum Gegenstand hat, ist in jedem Fall ein Dienstvertrag. Der Steuerberater hat jedenfalls dann kein Nachbesserungsrecht hinsichtlich einer Einzelleistung mit werkvertraglichem Charakter, wenn sein Auftraggeber das Mandat bereits beendet hat und der Fehler erst von einem neu beauftragten Steuerberater entdeckt worden ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin nimmt die beklagte Steuerberatungsgesellschaft wegen fehlerhafter Erstellung des Jahresabschlusses und darauf beruhender fehlerhafter Steuererklärungen für 1998 auf Schadenersatz in Anspruch. Die Klägerin hatte die Beklagte 1997 mit der Buchhaltung, der Erstellung der Jahresabschlüsse, der Anfertigung der Gewerbe- und Körperschaftsteuererklärung, der Prüfung der Steuerbescheide und – soweit erforderlich – der Einlegung von Einsprüchen beauftragt. Am 30.11.1999 kündigte sie das Mandat und beauftragte eine andere Beratungsgesellschaft mit der Erstellung des Jahresabschlusses für 1999. Diese stellte die im vorliegenden Prozess beanstandeten Fehler fest, die zu zusätzlichen Beratungskosten und Zinsschäden von insgesamt 6818 EUR führten. Die Vorinstanzen haben die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Deren Revision war erfolglos.

 

Entscheidung

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Vertrag, durch den einem Steuerberater allgemein die Wahrnehmung aller steuerlichen Interessen des Auftraggebers übertragen wird, regelmäßig als Dienstvertrag nach den §§ 611ff. BGB anzusehen, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Der Steuerberater schuldet im Rahmen eines derartigen Vertrags unterschiedliche Tätigkeiten, die keineswegs stets auf einen bestimmten Erfolg gerichtet sind. Die steuerliche Beratung bei der Anlage und der Bewertung von Vermögen, bei der Ausschöpfung von Steuervergünstigungen und bei der Vertretung des Steuerpflichtigen vor den Steuerbehörden als allgemeiner Beistand in Steuerangelegenheiten stellt eine reine Dienstleistung dar. Dass dazu Zahlen ermittelt, Unterlagen erstellt und Erklärungen gefertigt werden müssen, liegt in der Natur der Sache und steht einer Einordnung des Vertrags als Dienstvertrag nicht entgegen[1].

Vorliegend sollte die Beklagte alle Schritte von der Erfassung der relevanten Daten durch die Buchhaltung, deren Umsetzung und Einbeziehung in die auch noch auf weiteren Informationen beruhenden Jahresabschlüsse und Bilanzen bis hin zu deren Umsetzung in die Gewerbe- und Körperschaftsteuererklärung durchführen. Ziel des Auftrags war es, steuerlich und wirtschaftlich günstige Steuererklärungen zu erarbeiten und so eine möglichst vorteilhafte Besteuerung zu erreichen. Auf die abschließenden Entscheidungen der Finanzverwaltung, das "Endergebnis" ihrer Tätigkeit, hatte die Beklagte letztlich aber keinen Einfluss mehr.

Bei dem Jahresabschluss 1998 handelte es sich nicht um eine Einzelleistung, auf die unabhängig von der Einordnung des Steuerberatervertrags insgesamt Werkvertragsrecht anzuwenden wäre[2], so dass der Auftraggeber der Beklagten eine Nachbesserungsmöglichkeit[3] hätte einräumen müssen. Dies kommt grundsätzlich nicht in Frage, wenn der Fehler – wie hier – erst nach Kündigung des Vertrags durch den Mandanten von dessen neuem Steuerberater entdeckt worden ist. Ein Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, kann ohne besondere Voraussetzungen gekündigt werden, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen werden, und nicht in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht. Steuerberater leisten in der Regel derartige Dienste höherer Art[4]. Der Mandant gewährt ihnen Einblick in seine Berufs-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Der ihnen erteilte Auftrag kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen mit sofortiger Wirkung beendet werden. Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin Gebrauch gemacht, ohne dass die Beklagte die Kündigung hätte verhindern können. Sinn und Zweck des § 627 Abs. 1 BGB, nur Personen des eigenen Vertrauens mit der steuerlichen Beratung befassen zu dürfen, würden nicht erreicht, wenn der Auftraggeber gehalten wäre, dem wirksam gekündigten Berater hinsichtlich bestimmter Teilleistungen Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben und damit erneuten und weiteren Einblick in vertrauliche Einzelheiten der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewähren.

Überdies entspräche eine Nachbesserung in einem solchen Fall nicht den Interessen beider Vertragsparteien. Der Steuerberater hat Fähigkeiten und Kenntnisse, die dem Mandanten regelmäßig selbst nicht zur Verfügung stehen. Ob er seine Arbeit mangelfrei erbringt, kann der Mandant oft selbst nicht beurteilen. Auch hier wurden die Fehler nicht von der Klägerin entdeckt, sondern von dem Mandatsnachfolger. In einem solchen Fall wäre es umständlich, zeitaufwendig und für den Mandanten unnötig belastend, wenn er dem früheren Berater trotz der Kündigung die Möglichkeit einer Mängelbeseitigu...

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