Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, welche Wirkungen ein beim Sozialgericht eingereichter Ehescheidungsantrag entfaltet.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Die Ehefrau hatte am 14.9.2006 in dem Staat Georgia in den USA das Scheidungsverfahren eingeleitet. Der Ehemann hatte am 25.8.2006 beim AG Schöneberg einen Scheidungsantrag eingereicht, der der Ehefrau erst am 4.12.2006 - nach der Rechtshängigkeit ihres in den USA eingereichten Ehescheidungsantrages - zugestellt wurde. Einen weiteren Ehescheidungsantrag reichte der Ehemann am 12.10.2006 beim Sozialgericht ein.

Sein erster - von ihm am 25.8.2006 beim AG Schöneberg eingereichter - Scheidungsantrag wurde als unzulässig abgewiesen, auch der zweite Ehescheidungsantrag blieb ohne Erfolg. Gegen beide insoweit ergangene Prozessurteile des AG Schöneberg vom 20.4.2007 legte der Ehemann Berufung ein.

Er verfolgte mit seinen beiden, vom KG antragsgemäß zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Berufungen sowohl seinen ersten Scheidungsantrag vom 25.8.2006 als auch den weiteren, am 12.10.2006 beim Sozialgericht Darmstadt eingereichten Scheidungsantrag vom selben Tage weiter.

Beide Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das KG kam zu dem Ergebnis, die zulässigen Berufungen gegen die Prozessurteile des FamG seien unbegründet.

Das FamG sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem der Ehefrau am 4.12.2006 zugestellten Ehescheidungsantrag die anderweitige Rechtshängigkeit des von ihr in den USA früher eingeleiteten Verfahrens entgegenstehe, da dessen Rechtshängigkeit einer inländischen gleichstehe, da die erforderliche Prüfung der Anerkennungsprognose ergebe, dass ein in den USA ergehendes Scheidungsurteil hier in Deutschland anzuerkennen sein werde.

Soweit der Ehemann in Frage stelle, dass der Streitgegenstand im amerikanischen Verfahren mit dem hiesigen identisch sei, sei sein Vorbringen schon in Anbetracht der Aktenlage nicht überzeugend. Der Umstand, dass die Ehefrau dort außer der Scheidung auch noch Anträge zu anderen Scheidungsfolgen gestellt habe, stehe der aus den vorgelegten Unterlagen auch ohne weiteren Sachvortrag ausreichend ablesbaren Identität des dortigen Verfahrensgegenstandes mit dem hier in Deutschland von dem Ehemann verfolgten Anliegen nicht entgegen. Es könne dahinstehen, ob der dem Einwand des Ehemannes zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu folgen sei, wonach es auf die Tatbestandsmerkmale ankomme, welche die Scheidung rechtfertigen sollen, obwohl der BGH (FamRZ 1983, 366 f. = IPRax 1984,. 152, 153; FamRZ 1987, 580 f. = IPRax 1989, 104, 105; FamRZ 1992, 1058 ff.) in seinen bisherigen Entscheidungen zur Sperrwirkung der vorrangigen Rechtshängigkeit eines vor einem ausländischen Gericht geführten Scheidungsverfahrens davon ausgehe, dass mit Erhebung eines Scheidungsantrages der Bestand der Ehe in seinem ganzen Umfang angegriffen werde. Da als maßgebliche Rechtsfolge eine Ehe nur einmal geschieden werden könne, müsse, wenn sowohl vor dem ausländischen Gericht als auch vor dem inländischen Gericht als gerichtliche Gestaltung der Ausspruch der Scheidung der Ehe begehrt werde, Identität des Streitgegenstandes vorliegen, da die im ausländischen Verfahren ausgesprochene Scheidung die Rechtswirkungen der Ehe auch im Inland entfallen lasse, unabhängig davon, aus welchen Gründen und nach welchem ausländischen Recht die Scheidung erfolgt sei.

Da der am 25.8.2006 beim AG Schöneberg gestellte Ehescheidungsantrag des Ehemannes der Ehefrau erst am 4.12.2006 - nach der Rechtshängigkeit ihres in den USA eingereichten Scheidungsantrages - förmlich zugestellt worden sei, sei die Berufung des Ehemannes gegen das Urteil, das seinen Scheidungsantrag vom 25.8.2006 als unzulässig abgewiesen hat, unbegründet.

Die weitere Berufung des Ehemannes gegen das weitere Prozessurteil des FamG zu seinem beim Sozialgericht eingereichten Ehescheidungsantrag hielt das KG ebenfalls für unbegründet, da die von ihm am 12.10.2006 beim Sozialgericht versuchte Antragstellung der Beachtung der vorrangigen Rechtshängigkeit des amerikanischen Scheidungsverfahrens im Hinblick auf § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegenstehen könne.

Der von dem Ehemann beim Sozialgericht eingereichte Scheidungsantrag könne jedenfalls wegen offenkundigen Rechtsmissbrauchs keine frühere Rechtshängigkeit in Deutschland begründen, auch wenn es im sozialgerichtlichen Verfahren nach den §§ 90, 94 SGG für die Rechtshängigkeit - von den Regeln der ZPO abweichend - ausreiche, die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Der Ehemann unterliege einem Zirkelschluss, soweit er meine, dass ein Rechtsmissbrauch ausscheide, weil die Regelung des § 17b Abs. 1 GVG, die über § 98 S. 1 SGG für die sachliche und örtliche Zuständigkeit entsprechend gelte, auch für den Fall eines Rechtswegeverweisungsbeschlusses ausdrücklich vorsehe, dass nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge