Leitsatz

Im Interesse aller Eigentümer kann der Verwalter zu bestimmten Tagesordnungspunkten auch einen Rechtsanwalt als Berater in die Eigentümerversammlung mitnehmen, ohne dass dies dem Nichtöffentlichkeitsgrundsatz widerspricht

 

Normenkette

§ 24 WEG

 

Kommentar

  1. Der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz der Eigentümerversammlung basiert darauf, dass eine Gemeinschaft von sachfremden Einwirkungen freigehalten wird und sie auftretende Meinungsverschiedenheiten allein unter sich austragen, d.h. ohne Einflussnahme Dritter erörtern und regeln kann (h.M.). Dem steht allerdings nicht entgegen, dass ein Verwalter im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer zu bestimmten Tagesordnungspunkten einen Rechtsanwalt als Berater zur Information und Meinungsbildung heranzieht, solange nicht ein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Eigentümer und der Gesamtheit der übrigen Eigentümer hervorgetreten ist und kein Wohnungseigentümer der Anwesenheit des Anwalts als Dritten widerspricht. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass der Beratungsbedarf gerade in der Versammlung besteht und nur hier sachgerecht erfüllbar ist; zudem muss die Beratung bei objektiver Betrachtung allen anwesenden Eigentümern zugute kommen.
  2. Im vorliegenden Fall war eine solche anwaltliche Beratung notwendig, da es um komplexe Sanierungsmaßnahmen, Fragen der Finanzierung und differenzierte Kostenverteilungsmaßstäbe ging. An die Beschlussfassung waren deshalb hohe Anforderungen zu stellen, die den Kenntnisstand eines Verwalters im Allgemeinen übersteigen. Einem Verwalter sind zwar nach dem Aufgabenkatalog des § 27 WEGrechtliche Grundkenntnisse insbesondere hinsichtlich seiner Kernaufgaben (u. a. Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung) abzuverlangen; in diesem Rahmen ist allein der Verwalter auch zur Beratung der Gemeinschaft nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet. Bei anstehenden, komplizierten Beschlussfassungen kann allerdings auch rechtlicher Rat erforderlich werden, um in Anbetracht der Bedeutung solcher Eigentümerentscheidungen eine (hier: ggf. erneute) Anfechtbarkeit zu fassender Beschlüsse zu beschränken bzw. auszuschließen. Eine solche Beratung war hier gerade auch in einer Versammlung sicherzustellen, um Antragsformulierungen klar und bestimmt sicherzustellen.
 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss v. 22.6.2009, 16 Wx 266/08, NZM 2009 S. 787

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