Die Dauer der Räumungsfrist wird aufgrund einer Interessenabwägung bestimmt. Maßgeblich sind

  • die besonderen Interessen des Vermieters an der Rückerlangung der Wohnung,
  • die Gegebenheiten des Wohnungsmarkts,
  • die Dauer des zwischen Kündigung und mündlicher Verhandlung liegenden Zeitraums,
  • die Wohnzeit des Mieters,
  • die Frage, ob der Mieter die Vertragsbeendigung verschuldet hat,
  • ob er die Nutzungsentschädigung voraussichtlich bezahlen wird oder
  • der Umstand, dass ein schulpflichtiges Kind bis zum Ablauf der Räumungsfrist in der bisherigen Schule verbleiben kann.
 
Hinweis

Fristdauer 3 bis 7 Monate

In der Regel wird im Räumungsurteil zunächst eine Räumungsfrist zwischen 3 und 7 Monaten bewilligt. Eine längere Räumungsfrist kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

3.1 Fristverlängerung

Die Räumungsfrist kann vom Gericht einmal oder auch mehrmals verlängert werden bis zur Höchstdauer von 1 Jahr.[1]

 
Hinweis

Antragsfrist für Verlängerung

Der Antrag auf Fristverlängerung ist spätestens 2 Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen.[2]

Der Mieter muss die Gründe darlegen (und ggf. beweisen), aus denen sich die Notwendigkeit der Fristverlängerung ergibt. Ist die Ursprungsfrist mit Rücksicht auf fehlenden Ersatzraum gewährt worden, muss der Mieter seine Bemühungen zur Ersatzraumsuche konkret und detailliert vortragen.

3.2 Fristverkürzung

Die Verkürzung einer Räumungsfrist[1] setzt voraus, dass sich die für die Fristbemessung maßgeblichen Umstände nach Erlass der Entscheidung geändert haben oder dass nach Erlass der Entscheidung Umstände eingetreten sind, aufgrund derer eine Verkürzung der Räumungsfrist gerechtfertigt erscheint. Die Umstände können

  • in der Person des Vermieters (z. B. erhöhte Dringlichkeit des Bedarfs),
  • in der Person des Mieters (z. B. Zahlungseinstellung) oder
  • in den allgemeinen Verhältnissen (z. B. Verbesserung der Wohnungsmarktsituation)

liegen. Ebenso kommt eine Verkürzung in Betracht, wenn nach Erlass der Entscheidung bekannt wird, dass sich der Mieter die Räumungsfrist durch falschen Tatsachenvortrag erschlichen hat.

 
Achtung

Beweislast trägt Vermieter

Die für die Verkürzung maßgebenden Umstände muss der Vermieter vortragen und beweisen.

3.3 Fristberechnung

Die Frist rechnet vom Tag der Rechtskraft des Urteils. Maßgeblich ist die formelle Rechtskraft des Räumungsausspruchs; es spielt keine Rolle, wenn andere Verfahrensgegenstände (z. B. Zahlungsansprüche) noch nicht rechtskräftig sind.

 
Hinweis

Rechtskraft durch Ablauf der Rechtsmittelfrist oder -verzicht

Nach § 705 Satz 1 ZPO wird ein amtsgerichtliches Urteil mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig, also wenn keine fristgerechte Berufung eingelegt wurde. Darüber hinaus ist anerkannt, dass die Rechtskraft bereits vor diesem Zeitpunkt eintreten kann, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel verzichten. Dies kommt in der Praxis aber nicht vor.

In diesem Fall tritt die Rechtskraft ein, sobald der zuletzt erklärte Verzicht wirksam geworden ist.

Die Rechtskraft kann also bereits am Tag der Verkündung des Räumungsurteils eintreten. Dann darf eine vom Amtsgericht gewährte Räumungsfrist nicht länger bemessen werden als 1 Jahr nach Urteilsverkündung.

 
Praxis-Beispiel

Maximale Räumungsfrist des Amtsgerichts bei Rechtsmittelverzicht

 
Verkündung der Entscheidung: 1.9.2021
Höchstdauer der Räumungsfrist: 1.9.2022

Wird gegen das amtsgerichtliche Urteil fristgerecht Berufung eingelegt, wird die Rechtskraft gehemmt.[1]

Berufungsurteile des Landgerichts bzw. des Oberlandesgerichts werden mit dem Ablauf der Revisionsfrist rechtskräftig, sofern diese überhaupt zulässig ist. Deshalb darf eine vom Landgericht gewährte Räumungsfrist nicht länger bemessen werden als 1 Jahr nach Ablauf der Revisionsfrist. Eine vom Amtsgericht bereits gewährte und ganz oder teilweise verstrichene Räumungsfrist wird dabei nicht mitgezählt.

 
Praxis-Beispiel

Maximale Räumungsfrist des Landgerichts

 
Verkündung der amtsgerichtlichen Entscheidung: 1.9.2021
vom Amtsgericht gewährte Räumungsfrist: bis 1.9.2022
Verkündung der landgerichtlichen Entscheidung: 4.5.2022
Ablauf der einmonatigen Revisionsfrist: 4.6.2022
Höchstdauer der landgerichtlichen Räumungsfrist: 4.6.2023

Wird auf künftige Räumung erkannt, rechnet die Jahresfrist von dem Tag an, an dem nach dem Urteil zu räumen ist.

 
Praxis-Beispiel

Jahresfrist bei künftiger Räumung

 
Räumungstag: 31.10.2021
Eingang des Antrags auf Gewährung einer Räumungsfrist: 17.10.2021
Tag der amtsgerichtlichen Entscheidung über die Räumungsfrist: 28.10.2021
Höchstdauer der Räumungsfrist: 31.10.2022

Die Einlegung eines Rechtsmittels (s. Abschn. 5) gegen die amtsgerichtliche Räumungsfristentscheidung (sofortige Beschwerde) ändert an der Höchstdauer nichts.

Außergerichtliche Räumungsfristen bleiben stets unberücksichtigt.

Wird eine längere als die gesetzlich zulässige Frist gewährt, so ist die Räumungsfristentscheidung zwar gesetzwidrig, aber nicht nichtig. Die fehlerhafte Entscheidung kann nur bei Einlegung eines Rechtsmittels korrigiert werden. Wird kein Recht...

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