Rn 6

Hierzu zählen alle Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus einem bestehenden Dienst- oder Arbeitsverhältnis in Geld oder Geldeswert (§ 8 EStG) gewährt werden. Die Einkünfte müssen nachhaltig erzielt werden. Es gilt das Zuflussprinzip (§ 11 I 3 EStG, gelockert nur durch die Verweisung auf § 38a I EStG). Soweit Zahlungen einmalig erfolgen, sind sie auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen (vgl Ziff 1.2 der Leitlinien). Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit zählen Vergütungen für alle Leistungen aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, unabhängig davon, ob sie laufend (etwa monatlich) oder unregelmäßig, freiwillig oder aufgrund eines Rechtsanspruchs erbracht werden (BGH FamRZ 82, 250; 80, 342) sowie Sachbezüge.

Bei Erwerbseinkünften ist ein Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen. Dem Erwerbstätigen soll ein die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens maßvoll übersteigernder Betrag verbleiben, um dem typischerweise mit der Berufstätigkeit verbundenen erhöhten Aufwand, auch soweit er sich nicht in konkret messbaren Kosten niederschlägt, und dem Gedanken des Erwerbsanreizes Rechnung zu tragen (BGH FamRZ 91, 304). Die Bemessung des Bonus steht im Ermessen des Tatrichters (BGH FamRZ 05, 1867). Der Bonus kann mit einer pauschalen Quote in Ansatz gebracht oder konkret berechnet werden (BGH FamRZ 97, 806). Insb kann ein Bonus geringer als üblich zu bemessen sein, wenn berufsbedingte Aufwendungen bei der Ermittlung des Nettoeinkommens bereits konkret berücksichtigt sind und damit im Wesentlichen nur noch der Anreizgedanke zum Tragen kommt (BGH FamRZ 97, 806).

 

Rn 6a

Aufgrund der verschiedenen Berechnungsmethoden, die einerseits der Düsseldorfer Tabelle und andererseits den Süddeutschen Leitlinien zugrunde liegen, ergeben sich aufgrund eines grundlegend verschiedenen Ansatzes tw erhebliche Abweichungen in Bezug auf den zu berechnenden Unterhalt. Diese haben den BGH in einer Entscheidung vom 13.11.19 (FamRZ 20, 171) bewogen, eine bundesweite Vereinheitlichung der Berechnungsmethode anzuregen. Der BGH hat stets betont, dass die Bestimmung des – ggf pauschaliert bemessenen – berufsbedingten Aufwands sowie des Leistungsanreizes eine Angemessenheitsprüfung verlangt und im tatrichterlichen Ermessen liegt (vgl etwa BGH FamRZ 05, 1867; 00, 1492). Der BGH sieht in einer Kumulierung des Anreizsiebtels und der Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen ersichtlich eine unzureichende Ermessensprüfung. Dem BGH erscheint die Summierung beider Pauschalen im Ergebnis zu hoch. Aus diesem Grund favorisiert er die Bemessung des Bonus nach den Süddeutschen Leitlinien mit einem Zehntel. Diesem Ansatz wird letztlich zuzustimmen sein, weil die Anerkennung eines Leistungsanreizes sowie berufsbedingte Aufwendungen, soweit sie nicht auf einer konkret nachweisbaren Belastung iSv tatsächlichen Werbungskosten beruhen, eine Abweichung von dem auch bei der Bestimmung des Ehegattenunterhalts geltenden Halbteilungsgrundsatzes bedeutet und deshalb nur zu einem maßvollen Umfang berechtigt.

 

Rn 6b

Dies wird an folgendem Beispiel verdeutlicht:

Bei Zugrundelegung des Anreizsiebtels

 
pauschaler berufsbedingter Aufwand 3.000 EUR * 5 % 150 EUR
Bonus 1/7 aus 2.850,- EUR 407 EUR
Summe 150 EUR + 407 EUR 557 EUR

Dies entspricht einem Abzug von 18,6 %.

Bei Zugrundelegung eines Anreizzehntels, das nunmehr von allen OLG angewendet wird, ergibt sich Folgendes:

 
pauschaler berufsbedingter Aufwand 3.000 EUR * 5 % 150 EUR
Bonus 10 % aus 2.850 EUR 285 EUR
Summe 150 EUR + 285 EUR 435 EUR

Dies entspricht einem Abzug von 14,5 %

 

Rn 6c

Insoweit stellt sich im Hinblick auf den aus den ehelichen Lebensverhältnissen abgeleiteten Halbteilungsgrundsatz die Frage, ob im Fall einer pauschal bestimmten Abzugsposition eine so weitreichende Kürzung des maßgeblichen Einkommens um nahezu 20 % noch als maßvoll angesehen werden kann (eingehend Borth FamRZ 20, 144). Der BGH hat iÜ klargestellt, dass der Erwerbstätigenbonus auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten einzustellen ist, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist (BGH FamRZ 20, 171).

 
Praxis-Beispiel

Einkommen des Ehemannes 2.000 EUR aus Altersrente

Einkommen der Ehefrau aus Erwerbseinkommen ebenfalls 2.000 EUR

Unterhaltsberechnung: Einkommen des Ehemannes 2.000 EUR

Abzgl. Einkommen der Ehefrau nach Bereinigung um ein Zehntel 1.800 EUR

Differenz: 200 EUR

Unterhalt der Ehefrau nach dem Halbteilungsgrundsatz 100 EUR (Problematik des Bagatellunterhalts unberücksichtigt gelassen)

Bei konkreter Bedarfsberechnung kommt ein Erwerbstätigenbonus nicht in Betracht (BGH FamRZ 11, 192). Anders als beim Quotenunterhalt bestimmt sich der Bedarf des Berechtigten in diesen Konstellationen nicht nach dem Einkommen des Pflichtigen, sondern (nur) nach dem konkreten Bedarf des Bedürftigen. Der Bonus ist nur bei Erwerbseinkünften, nicht bei sonstigen Einkünften, etwa Krankengeld (BGH FamRZ 07, 983) oder einer Abfindung (BGH FamRZ 07, 983), in Ansatz zu bringen.

Werden die vollen Bezüge auch oh...

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