Gesetzestext

 

(1) Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich muss einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten.

(2) Durch die Vereinbarung können Anrechte nur übertragen oder begründet werden, wenn die maßgeblichen Regelungen dies zulassen und die betroffenen Versorgungsträger zustimmen.

A. Materielle Wirksamkeitsanforderungen, Abs 1.

 

Rn 1

Die Gerichte haben zu überprüfen, ob der Vertrag der Eheleute nach den allg gesetzlichen Bestimmungen wirksam ist und ihm auch keine Durchsetzungshindernisse entgegenstehen. Es gilt gem § 26 FamFG Amtsermittlung (Brandbg 15.6.22 – 9 UF 221/21, NJW-Spezial 22, 548). Das Gericht hat die Vereinbarung bei entspr Anhaltspunkten einer Inhalts- und Ausübungskontrolle unter Berücksichtigung der Rspr zu §§ 138 und 242 BGB zu unterziehen. Zur Darlegungslast Brandbg FamRZ 19, 1232. Das Gericht hat sich an die zu Eheverträgen ergangenen Entscheidungen des BVerfG sowie des BGH zu orientieren. Vereinbarungen zu dem Versorgungsausgleich betreffen den Kernbereich der Scheidungsfolgen. Damit steht der Versorgungsausgleich nach der Rspr des BGH der vertraglichen Disposition nicht unbegrenzt offen. Nach § 138 BGB ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute, den Zuschnitt der Ehe und die Auswirkungen der vereinbarten Regelungen auf die Ehegatten prüft (BGH FamRZ 14, 629; 20, 1347). IRd Ausübungskontrolle ist am Maßstab des § 242 BGB zu prüfen, ob infolge der Vereinbarung ›ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Altersabsicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint‹ (BGH FamRZ 05, 185).

 

Rn 2

Des Weiteren ist eine Vereinbarung unwirksam, wenn sie voraussichtlich dazu führt, individuelle Vorteile zum Nachteil der Grundsicherung nach SGB XII zu erzielen. Nach § 138 BGB ist ein Vertrag dann nichtig, wenn die ausgleichsberechtigte Person infolge der Vereinbarung Sozialhilfe bzw. im Alter Grundsicherung beziehen müsste (BGH FamRZ 83, 137 sowie FamRZ 07, 197).

Zu prüfen ist iRe Prognose, ob ein Ehegatte infolge der Vereinbarung künftig die Grundsicherung in Anspruch nehmen müsste. Da der Versorgungsausgleich häufig eine erhebliche Zeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze durchgeführt wird, wird dies nicht ohne Weiteres feststellbar sein. In diesen Fällen kann durch die weitere Erwerbsbiographie ein Gesamt- oder Teilverzicht auf den Versorgungsausgleich noch kompensiert oder durch andere Gründe gerechtfertigt werden (Hamm FamRB 13, 345). Anders verhält es sich bei den rentennahen Jahrgängen oder wenn ein Ehegatte eine Beschäftigung nicht mehr ausüben kann. Auf eine vor dem 1.9.09 getroffene Vereinbarung zum Versorgungsausgleich ist das seit dem 1.9.09 geltende VersAusglG anzuwenden, wenn das Gericht nach dem 31.8.10 über den Versorgungsausgleich entscheidet.

B. Weitere Anforderungen, Abs 2.

 

Rn 3

Anrechte können nur iRe Vereinbarung übertragen und begründet werden, wenn die maßgeblichen Versorgungsregelungen dies zulassen und die betroffenen Versorgungsträger zustimmen. Bei fehlender Zustimmung sind die Versorgungsträger beschwerdeberechtigt (Celle NJW 12, 3512 [BGH 02.02.2012 - I ZR 162/09]). Über Anrechte in den öffentlich-rechtlichen Sicherungssystemen kann nicht frei disponiert werden, §§ 33 und 46 II SGB I, dies hindert aber nicht die Vereinbarung über diese Anrechte. Der Vollzug erfolgt von dem FamG. Abs 2 hat seine Grundlage im Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter. Wichtigster Fall der Drittbelastungskontrolle ist die anrechtsbezogene Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes. Die Dispostionsfreiheit reicht bis zur Höhe des mitgeteilten Ausgleichswertes. Es ist kein Vertrag zulasten Dritter, wenn ein geringerer Anteil des auszugleichenden Anrechts übertragen wird (BGH FamRZ 14, 1179).

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