Rn 49

Auch bei der Subsumtion tatsächlicher Voraussetzungen der anzuwendenden Normen sind in Fällen mit Auslandsberührung Besonderheiten zu beachten. Zwar spielt es, wenn das anwendbare Recht einmal gefunden ist, für dessen Anwendung grds keine Rolle, in welchem Land sich die hierunter zu subsumierenden Umstände ereignen. Jedoch sind die Sachnormen einer jeden Rechtsordnung primär auf reine Inlandsfälle zugeschnitten (Looschelders Vorbem zu Art 3–6 Rz 53; Lorenz FamRZ 1987, 645 – Zweistufentheorie), so dass die Subsumtion ausl Vorgänge ggf eine nicht vorgesehene Deutung erforderlich machen kann. Insb im Zuge der Auslegung von Generalklauseln kann auch eine faktische Berücksichtigung ausl Vorschriften bei der Anwendung inländischen Rechts erforderlich sein. So kann zB bei der Ausfüllung der Begriffe ›gute Sitten‹, oder ›Treu und Glauben‹ eine entspr tatsächliche Beziehung zu einem – kollisionsrechtlich nicht anwendbaren – Recht dessen Heranziehung oder Berücksichtigung als ›local data‹ nach der sog Datumstheorie erforderlich machen (v Hoffmann/Thorn § 1 Rz 129).

 

Rn 50

Als besonderer Fall des Auslandssachverhalts lässt sich das Handeln unter falschem Recht auffassen, bei dem Rechtsgeschäfte unter kollisionsrechtlichem Irrtum in der Vorstellung getätigt werden, ein Recht sei anwendbar, das tatsächlich nicht anwendbar ist. Das wirklich anwendbare Recht entscheidet in diesen Fällen darüber, ob durch Auslegung oder Umdeutung dem rechtsgeschäftlichen Willen zur Wirkung verholfen werden kann (Lüderitz Rz 149). Hier können ähnliche Transpositionserwägungen anzustellen sein wie beim Statutenwechsel (s.o. Rn 41). Erfolgt der Abschluss des Rechtsgeschäfts in der Vorstellung, nicht mit rechtlicher Bedeutung zu handeln, sondern etwa nur an Brauchtum teilzunehmen, so ist dies – iRd Anwendung des kollisionsrechtlich berufenen deutschen Sachrechts – bei der Feststellung des Rechtsbindungswillens zu würdigen (Mörsdorf-Schulte FamRBInt 05, 72). Bei Irrtum des letztwillig Verfügenden über das Erbstatut dient das vermeintlich anwendbare Recht als Hintergrund für die Ermittlung des Erblasserwillens, soweit das tatsächlich anwendbare Recht (zB § 133 BGB) auf diesen abstellt (BGH WM 06, 1398).

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