Rn 16

Eine Widerlegung der Kausalitätsvermutung (§ 833 2 Var 2) dürfte va in Betracht kommen, wenn der Tierhalter nachweisen kann, dass sich in der Rechtsgutsverletzung keine spezifische Tiergefahr verwirklicht hat. Entscheidend für die Widerlegung der Verschuldensvermutung (§ 833 2 Var 1) ist der Nachweis des Tierhalters, dass er bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet, dh keine diesbezügliche Verkehrspflicht verletzt hat; die Rspr stellt an die Entlastung relativ hohe Anforderungen (Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 147 mN).

 

Rn 17

Die Verkehrspflichten des Tierhalters sind – wie stets (§ 823 Rn 113 ff) – unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten zu ermitteln. Auf Seiten des Tierhalters sind insb die allg Gefährlichkeit der Tierart, die ihm bekannten individuellen Eigenschaften des Tieres sowie seine Verwendung und die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen (zB auch konkrete Einzelheiten der Weidetierhaltung, BGH NJW 09, 3233 [BGH 30.06.2009 - VI ZR 266/08] Rz 10 ff; Schlesw NJW-RR 11, 1398, 1399 [OLG Schleswig 20.04.2011 - 7 U 13/08; 7 U 25/09]). Auf Seiten des Geschädigten sind insb die bedrohten Rechtsgüter in Ansatz zu bringen (zB erhöhter Sicherheitsstandard bei Kindern, BGH NJW-RR 92, 981 [BGH 28.04.1992 - VI ZR 314/91]). Als Allgemeininteresse kann bei der Tierhalterhaftung zB die Sicherung öffentlicher Wege (zB BGH VersR 67, 906, 907; NJW 86, 2501 [BGH 27.05.1986 - VI ZR 275/85]; NJW-RR 90, 789, 790; 17, 725 Rz 18) sowie von Zäunen und Einfriedungen (BGH NJW-RR 17, 725 Rz 18; Ddorf VersR 16, 267, 268) relevant sein. Der Tierhalter muss va für Verwahrung, Unterhalt, Verwendung und Leitung des Tieres sorgen (Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 148). Ferner muss er, wenn er die Beaufsichtigung des Tieres einem Dritten überlässt (der seinerseits nach § 834 haftpflichtig werden kann), diesen sorgfältig auswählen, instruieren und überwachen (BGH VersR 56, 516, 517; NJW-RR 90, 789; München VersR 91, 561; Schlesw OLGR 07, 768 f; Hamm VersR 22, 1246, 1247). Die Entlastung ist in diesen Fällen nicht identisch mit derjenigen nach § 831 I 2, denn die Verkehrspflichten des Tierhalters können uU weiter reichen als die allg Verkehrspflichten bei Delegation (s insb Erman/Wilhelmi § 833 Rz 14); häufig dürften bei § 831 I 2 und § 833 2 dennoch parallele Ergebnisse erzielt werden.

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