a) Anwendbarkeit.

 

Rn 81

Das Recht am Unternehmen ist als subsidiärer Auffangtatbestand nur bei Vorliegen einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke anwendbar (BGHZ 36, 252, 256 f; NJW 03, 1040, 1041 mwN; WRP 14, 1067 Rz 12; NZBau 20, 609 Rz 22). Vorrangig sind insb: Eigentums- oder Besitzverletzungen gem § 823 I (BGHZ 55, 153, 158 f; 105, 346, 350; 137, 89, 97 f; krit MüKo/Wagner § 823 Rz 326), § 823 II (BGH NJW 92, 1312), § 824 (BGHZ 65, 325, 328 mwN; 138, 311, 315; München OLGR 08, 650; Dresd NJW-RR 09, 833, 834; s aber auch BGHZ 90, 113, 122 f; 166, 84 Rz 94), § 9 UWG (insb BGHZ 36, 252, 257; BGH GRUR 21, 497 Rz 64; vgl auch Schricker AcP 1972, 203, 209 f; Wilhelm FS Canaris 1293 ff, alle zu § 9 I UWG), vertragliche Beziehungen (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 216; Schlechtriem FS Deutsch [99] 317, 322 f), nicht aber § 826 (s zB BGHZ 59, 30, 34 f; 69, 128, 139; 80, 25, 27 f; krit Erman/Wilhelmi § 823 Rz 62, § 826 Rz 23), der durch das Recht am Unternehmen ergänzt wird (MüKo/Wagner § 823 Rz 372). Die Subsidiarität gilt auch, wenn eine Anwendung der genannten Vorschriften am Fehlen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen scheitert (zB § 9 UWG bei Verjährung), denn sie sind innerhalb ihres jeweiligen Anwendungsbereichs als abschließend gedacht (s zB BGHZ 8, 387, 394 f; 138, 349, 351 f).

b) Schutzobjekt.

 

Rn 82

Schutzobjekt war ursprünglich der Betrieb bzw das Unternehmen, für das eine Unternehmenssubstanz (insb RGZ 58, 24, 30) sowie nach der Rspr eine verfestigte Organisation (BGH NJW 92, 41, 42 [BGH 24.04.1990 - VI ZR 358/89]: GbR reicht aus; weitergehend zB BeckOGK/Spindler § 823 Rz 205) charakteristisch war. Heute ist anerkannt, dass die gesamte unternehmerische Tätigkeit geschützt ist, insb Betätigung, Funktionieren, Know-how, Kunden- und sonstige Beziehungen (Staud/J Hager § 823 Rz D 9 mwN; BGH NJW 19, 781 [BGH 15.01.2019 - VI ZR 506/17] Rz 16 mwN). Zu Recht wurde der Schutzbereich auf freiberufliche Tätigkeiten erweitert (BGH GRUR 65, 690, 694; BGHZ 193, 227 Rz 19), daher ist nunmehr die Bezeichnung ›Recht am Unternehmen‹ treffender als ›Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb‹. Das Recht gilt auch für Unternehmen der öffentlichen Hand, soweit sie sich privatwirtschaftlich betätigen (BAG NZA 16, 1543 Rz 2). Nicht erfasst sind nach der Rspr Organisationen ohne gewerblichen Charakter, insb ohne Gewinnerzielungsabsicht, zB Idealvereine (BGHZ 41, 314, 316 f; s aber auch BGHZ 90, 113, 121 ff sowie BGHZ 42, 210, 217 – ggf Schutz über Art 9 I GG als sonstiges Recht; für einen weitergehenden Schutz BeckOGK/Spindler § 823 Rz 207 mwN), aber nur iR ihrer ideellen Tätigkeit (so jetzt BGH NZBau 20, 609 [BGH 03.06.2020 - XIII ZR 22/19] Rz 21: bei wirtschaftlicher Tätigkeit kann sich ein eV auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen); zum Schutz eines Sportverbands Stuttg MDR 09, 387, 389 [BGH 26.11.2008 - XII ZR 131/07]. Auch der Schutz von Körperschaften des Öffentlichen Rechts kann wegen deren öffentlich-rechtlicher Befugnisse eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen sein (Hamm MDR 21, 1195 [BGH 20.07.2021 - II ZR 152/20] – allerdings zu § 1004 I iVm § 823 I analog und daher nicht ohne Weiteres auf unmittelbare Ansprüche aus § 823 I übertragbar). Die Anforderungen an das Vorliegen einer verfestigten Organisation werden nicht mehr allzu hoch angesetzt (zB BGH NJW 03, 1040, 1041; LG Köln SpuRt 07, 30, 36: einzelne Berufssportler; BGHZ 193, 227 Rz 20: selbstständiger Sporttrainer). Problematisch ist die Einbeziehung geplanter Unternehmen. Die Rspr hat sie bisher abgelehnt (s insb BGHZ 132, 181, 187 mwN; krit zB Soergel/Beater § 823 Anh V Rz 31), hingegen geplante Aktivitäten eines bereits bestehenden Unternehmens als geschützt angesehen (BAG NJW 64, 1291; BGHZ 90, 113, 121 ff). Diese Differenzierung vermag zwar iE nicht stets zu überzeugen, dürfte aber den einzig praktikablen Weg darstellen, einerseits ein Recht am Unternehmen in bestimmtem Umfang zuzulassen, andererseits einen umfassenden deliktsrechtlichen Schutz bloßer Erwerbschancen zu vermeiden (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 206). Wenn allerdings der BGH – wohl in Fortführung dieser Differenzierung – einem Verpächter einen Anspruch wegen Verletzung des Rechts am Unternehmen durch Verweigerung des Abschlusses eines Versorgungsvertrags versagt, da hier nur eine potentielle Verdienstmöglichkeit betroffen sei (BeckRS 11, 23096 Rz 7 ff), ist zu berücksichtigen, dass dies vor dem Hintergrund geschah, dass keine Wertminderung des Unternehmens nachgewiesen war. Bei der Übertragung der Grundgedanken dieses Urteils auf andere Konstellationen ist daher Zurückhaltung geboten.

c) Betriebsbezogener Eingriff.

 

Rn 83

Nach stRspr muss ein betriebsbezogener Eingriff vorliegen (s nur BGHZ 29, 65, 74; NJW 04, 356, 357; NJW-RR 05, 673, 675; NJW 13, 2760 Rz 16 mwN; WRP 14, 1067 Rz 12; NZBau 20, 609 [BGH 03.06.2020 - XIII ZR 22/19] Rz 29; krit zB K Schmidt JuS 93, 985, 988), dh die Verletzungshandlung muss sich gegen den Betrieb als solchen und seine Organisation, ggf auch gegen einzelne Geschäftsaktivitäten (BGH NJW 83, 2195...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge