Rn 1

§ 822 ermöglicht dem Bereicherungsschuldner den bereicherungsrechtlichen Durchgriff gegen einen Dritten, der den Bereicherungsgegenstand unentgeltlich vom ursprünglichen Bereicherungsschuldner erlangt hat. Dogmatische Grundlage hierfür ist eine grds Wertungsentscheidung des Gesetzgebers: Das Behaltensinteresse des unentgeltlichen Empfängers muss hinter das Restitutionsinteresse des Berechtigten zurücktreten, wenn dieser andernfalls leer ausginge. So ist es gem § 816 I 2, wenn der Nichtberechtigte wirksam unentgeltlich über einen dem Bereicherungsgläubiger gebührenden Gegenstand verfügt hat, weil der Bereicherungsgläubiger dann beim nichtberechtigt Verfügenden idR keinen gem §§ 816 I 1, 818 II kondizierbaren (Gegen-)Wert (nach der Rspr des BGH handelt es sich bei der Gegenleistung aus einem Austauschgeschäft nicht um ein Surrogat iSd § 818 I – BGHZ 112, 288, 294 f) vorfindet und er sich daher an den unentgeltlichen Empfänger halten muss (iE hierzu § 816 Rn 12 ff). § 822 hat demgegenüber den Fall im Auge, dass der Bereicherungsgläubiger mit seinem (bestehenden!) Kondiktionsanspruch gegen den idR dinglich berechtigten Verfügenden ausfällt, wenn dieser nicht der verschärften Haftung gem § 818 IV, 819 f unterliegt und er sich nach der Weitergabe des Bereicherungsgegenstandes gem § 818 III auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Darin zeigt sich ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Vorschriften: Während bei § 816 I 2 der mit der Verfügung des Nichtberechtigten einhergehende Rechtsverlust des Bereicherungsgläubigers unmittelbar zum kondizierbaren Erwerb des unentgeltlichen Empfängers führt, setzt § 822 unter Umgehung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (hierzu § 812 Rn 63) einen bereits bestehenden Kondiktionsanspruch gegen den (berechtigt) Verfügenden voraus (hierzu sogleich Rn 2). Der Bereicherungsdurchgriff gegen den Dritten ist also subsidiär, was entgegen anderer Auffassung (BRHP/Wendehorst § 822 Rz 1; Tonikidis NJW 19, 118 mwN) allerdings nichts daran ändert, dass es sich bei § 822 nicht nur um eine Regelung betreffend die Rechtsfolgen der Bereicherung, sondern zumindest formal um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt (ebenso AnwK/Linke § 822 Rz 2; Kopp JR 12, 493; aA gesetzliche Schuldübernahme MüKo/Schwab § 822 Rz 7 mwN; ausf zum Meinungsstand Staud/Lorenz § 822 Rz 2). Im Falle einer unentgeltlichen Zuwendung an einen Rechtsnachfolger des Empfängers iSd § 145 II Nr. 3 InsO ist § 822 unanwendbar (BGH NZI 12, 845).

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