Rn 9

Das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Vermögensverschlechterung ist wie bei §§ 321 I 1, 490 I zu verstehen. Dabei sind die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners (inkl Art und Höhe seiner Verbindlichkeiten) im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme und der Geltendmachung des Befreiungsanspruchs zu vergleichen (Staud/Stürner § 775 Rz 8). Eine wesentliche Verschlechterung liegt vor, wenn der Hauptschuldner nicht mehr in der Lage ist, besonders wichtige und dringende Verbindlichkeiten zu erfüllen, wie zB Steuern, Zinsen und Arztrechnungen (RGZ 150, 77, 78). Der mehrfache Verzug mit Teilzahlungen (zB Unterhaltsverpflichtungen) kann Indiz für eine wesentliche Vermögensverschlechterung des Hauptschuldners sein (BGH JZ 68, 230, 231 [BGH 10.01.1968 - VIII ZR 164/65]; s.a. Rn 13 zum Indiz des ›bereinigten Verzugs‹).

 

Rn 10

An einer nach dem Normzweck von § 775 erforderlichen Gefährdung des Regressanspruchs (s Rn 1) kann es fehlen, wenn der Bürge hinreichend durch eine Rückbürgschaft gesichert ist (MüKoBGB/Habersack § 775 Rz 6). Ebenso liegt trotz Auflösung und Vollbeendigung einer Personengesellschaft (als Hauptschuldnerin) keine Gefährdung vor, wenn und soweit die Vermögensverhältnisse von mindestens einem der persönlich haftenden Gesellschafter eine gleichwertige Sicherheit für den Rückgriff bieten (RG JW 27, 1689, 1690: für OHG).

 

Rn 11

Haben sich die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners wieder gebessert, entfällt der Befreiungsanspruch (MüKoBGB/Habersack § 775 Rz 6).

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