Rn 28

Für den Fall der Unterlassung der Geltendmachung fälliger Sozialansprüche durch die geschäftsführenden Gesellschafter hat die Rspr das Institut der actio pro socio entwickelt. Dieses berechtigt jeden der übrigen Gesellschafter unabhängig von seiner Geschäftsführungsbefugnis (und Vertretungsmacht) zur Geltendmachung der geschuldeten Leistung an die Gesellschaft durch Klage im eigenen Namen auf Leistung an die Gesamthand. Eine Ausnahme von der Verpflichtung, auf Leistung an die Gesellschaft zu klagen, kommt nur in der Liquidationsphase in Betracht, wenn die Leistung an den klagenden Gesellschafter selbst lediglich eine Vorwegnahme der Auseinandersetzung wäre (BGH WM 71, 723, 725). Die Durchbrechung der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung durch die actio pro socio ist allgemein anerkannt und nur in ihrer dogmatischen Natur umstr. Die Rspr sieht hierin die Geltendmachung eines eigenen Anspruches des klagenden Gesellschafters; die actio pro socio sei Ausfluss der wechselseitigen Verpflichtungen der gesamthänderisch verbundenen Mitglieder (BGHZ 25, 47, 49; dogmatische Einordnung offengelassen: BGH NJW 85, 2830, 2831). Demgegenüber nimmt die hL einen Fall der Prozessstandschaft an, da der Gesellschafter lediglich ein der Gesellschaft zustehendes Recht, nämlich deren Sozialanspruch, geltend mache (Erman/Westermann § 705 Rz 57; Soergel/Hadding/Kießling § 705 Rz 50 mwN). Die prozessuale Durchsetzung ist nur von formellen Voraussetzungen abhängig. Hierzu gehört zunächst die Gesellschafterstellung des Klägers, der im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft Klage zu erheben hat. Bei Fehlen dieser Voraussetzung zB bei nachträglichem Wegfall der Gesellschafterstellung kann nach dem BGH § 265 ZPO Anwendung finden (BGH NJW 60, 964 [BGH 11.02.1960 - II ZR 198/59]; aA Karlsr NJW 95, 1296 [OLG Karlsruhe 09.12.1993 - 11 U 50/91]; MüKo/Schäfer § 705 Rz 216). Dagegen ist eine Darlegung der Gründe für die Klage keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Nur im Fall treuwidriger Geltendmachung des Anspruchs ist die Klage als unzulässig abzuweisen (BGH NJW 57, 1358 [BGH 27.06.1957 - II ZR 15/56]; aA MüKo/Schäfer § 705 Rz 216). Die Zustimmung der übrigen Gesellschafter zur actio pro socio des Mitgesellschafters ist nach oben Gesagtem nicht erforderlich. Umstr sind die Auswirkungen der actio pro socio im Hinblick auf eine spätere Klage der Gesellschaft selbst. Dies betrifft insb den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit sowie die Frage der Rechtskraftwirkung eines Urteils iR einer actio pro socio. Nach hM steht weder eine interne Gesamthänderklage einer Klage der GbR entgegen, noch entfaltet erstere Rechtskraftwirkungen hinsichtlich einer solchen (BGH NJW 80, 2463; 81, 1097). Dies hat zur Folge, dass eine zunächst erhobene actio pro socio als unzulässig abzuweisen ist, wenn die GbR selbst Klage erhebt. Weitere (materielle) Voraussetzungen – die teilweise unter Hinweis auf eine angebliche Subsidiarität der actio pro socio verlangt werden – sind nicht erforderlich (BGHZ 25, 47, 50). Ab 1.1.24 ist durch das MoPeG die actio pro socio in § 715b nF kodifiziert. Diese gesetzliche Regelung bildet den geltenden Rechtszustand ab.

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