Gesetzestext

 

Der Teilnehmer an Wertpapierlieferungs- und Abrechnungssystemen kann einen Auftrag, der die Übertragung von Wertpapieren oder Ansprüchen auf Herausgabe von Wertpapieren im Wege der Verbuchung oder auf sonstige Weise zum Gegenstand hat, von dem in den Regeln des Systems bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr widerrufen.

A. Überblick.

 

Rn 1

§ 675b verkürzt den bisherigen § 676 auf dessen Satz 3 und dient zur Umsetzung des Art 5 der Zahlungssicherungsrichtlinie (98/26/EG, ABl Nr L 166 45) in das deutsche Recht. Die Norm nimmt aus dem Bereich der Bankgeschäfte den Sonderfall des Auftrags, der die Übertragung von Wertpapieren oder Ansprüche auf Herausgabe von Wertpapieren im Wege der Verbuchung oder auf sonstige Weise zum Gegenstand hat, heraus und regelt insoweit lediglich Besonderheiten zum Widerruf. Der Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit eines Auftrags kann insoweit aufgrund der speziellen Regeln der Lieferungs- und Abrechnungssysteme von den Regeln zur Unwiderruflichkeit bei Zahlungsaufträgen abweichen (§ 675p).

B. Regelungszusammenhang.

 

Rn 2

Zweck der Regelung ist der Schutz vor Gefahren im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften iRv Lieferungs- und Abrechnungssystemen. Wertpapiere, wie Aktien oder Inhaberschuldverschreibungen, werden von den Kreditinstituten für die Anleger verwahrt. Zwischen Anleger und Kreditinstitut wird zu diesem Zweck regelmäßig ein Vertrag nach dem Depotgesetz abgeschlossen. Die Wertpapiere werden von dem Kreditinstitut aber grds nicht selbst verwahrt, sondern in Sammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank (§ 5 DepotG) gegeben (Clearstream Banking AG oder Europäische Zentralbank). Das Eigentum an den einzelnen Wertpapieren geht dabei unter, an dessen Stelle entsteht ein entspr Miteigentum am Sammelbestand (§ 6 DepotG). Der Anleger hat einen Auslieferungsanspruch auf Wertpapiere aus dem Sammelbestand in Höhe des Nennbetrags der hingegebenen Stücke (§ 7 I DepotG). Bei der Veräußerung der Wertpapiere verbleiben diese regelmäßig im Sammeldepot. Der Erwerber erhält den Miteigentumsanteil durch Umbuchung der Wertpapiere in sein Depot (Einsele WM 01, 7).

C. Auftrag und Widerruf.

 

Rn 3

Wird der Herausgabeanspruch geltend gemacht oder eine Veräußerung durchgeführt, tritt der Anleger an das Kreditinstitut heran, mit dem er den Depotvertrag abgeschlossen hat. Die depotführende Bank wird dadurch zur Weiterleitung von Wertpapieren veranlasst. Die Erfüllung erfolgt durch die Erteilung des Auftrags iRv Wertpapierlieferungs- und Abrechnungssystemen, die erforderlichen Umbuchungen vorzunehmen. Das beauftragte Kreditinstitut handelt bei der Erfüllung entweder in Vertretung des Anlegers oder im Wege der Verkaufskommission mit dessen Einwilligung (§ 185).

 

Rn 4

Regelungsgegenstand der Vorschrift ist nur der Widerruf des Auftrags durch den Auftraggeber. Der Widerruf ist wirksam, wenn er nach den im System vorgegebenen Regeln bis zum festgelegten Zeitpunkt erfolgt. Mit Erreichen des festgelegten Zeitpunkts wird der Auftrag unwiderruflich. Es soll dadurch gewährleistet werden, dass dem depotführenden Kreditinstitut ausreichend Zeit verbleibt, um den Widerruf unter Wahrung der gebotenen Sorgfalt noch vor der Verbuchung auf dem Konto des Begünstigten (Erwerber der Wertpapiere bzw der Zessionar des Anspruchs) zu berücksichtigen. Für den maßgebenden Zeitpunkt ist auf die Regeln im konkreten Wertpapierlieferungs- und Abrechnungssystem abzustellen. Ein System idS ist eine schriftliche Vereinbarung nach Art 2 Buchst a der Zahlungssicherungsrichtlinie einschließlich der Vereinbarung zwischen einem Teilnehmer und einem indirekt teilnehmenden Kreditinstitut, die von der Deutschen Bundesbank oder der zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaats oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemeldet wurde (§ 1 XVI KWG). In der Insolvenz gilt § 115 InsO.

 

Rn 5

Die Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs besteht in der Zurückleitung der Wertpapiere oder der Ansprüche auf Herausgabe der Wertpapiere an das depotführende Kreditinstitut des widerrufenden Auftraggebers bzw Anlegers (buchungstechnischer Vorgang). Ist der Auftrag unwiderruflich, ist die Ausführung mit Rechtsgrund erfolgt.

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