I. Normzweck.

 

Rn 12

V 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass es dem Behandelnden aufgrund seiner Nähe und seines Wissensvorsprungs eher als dem Patienten zuzumuten ist, das Risiko der Unerweislichkeit zu tragen (BTDrs 17/10488 S 30).

II. Umfang der Beweislastumkehr.

 

Rn 13

V kodifiziert die Rspr, nach der das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers die Umkehr der Beweislast nach sich zieht (BGH NJW 05, 427 [BGH 16.11.2004 - VI ZR 328/03]; § 823 Rn 221; zur Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler bei der Behandlung eines Tieres BGH NJW 16, 2502 [BGH 10.05.2016 - VI ZR 247/15]). Die Beweislastumkehr bezieht sich nur auf die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutsverletzung. Sie umfasst weder das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers selbst noch dessen Kausalität für Sekundärschäden (§ 823 Rn 221). Sofern der Patient das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers und die Rechtsgutsverletzung nachweist, stehen dem Behandelnden verschiedene Möglichkeiten offen, die Kausalitätsvermutung zu widerlegen (BGH NJW 81, 2513 [BGH 16.06.1981 - VI ZR 38/80]; 12, 2653 [BGH 19.06.2012 - VI ZR 77/11]; § 823 Rn 221).

III. Voraussetzungen.

 

Rn 14

Der Patient muss das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers nachweisen. Auf eine Legaldefinition des groben Behandlungsfehlers (§ 823 Rn 221) hat der Gesetzgeber ebenso verzichtet wie auf die berechtigte Forderung nach einer Erstreckung der Beweislastumkehr auch auf einfache Behandlungsfehler. Ein grober Behandlungsfehler kann auch in einem groben Verstoß gg Befunderhebungs- und Befundsicherungspflichten liegen (BGHZ 138, 1; BGH NJW 13, 3094, 3095; Geiß/Greiner B. Rz 65 ff). Nach Maßgabe von V 2 und vor dem Hintergrund der bestehenden Rspr soll sich die Beweislast schon bei Vorliegen eines einfachen Befunderhebungs- oder Befundsicherungsfehlers umkehren können (Katzenmeier NJW 13, 817, 822; § 823 Rn 222 f). Insoweit bedarf es einer Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers zum Diagnoseirrtum, welcher nicht zwingend einen Behandlungs-, erst recht keinen groben Behandlungsfehler darstellen muss (zur Abgrenzung BGH NJW 16, 1447 [BGH 26.01.2016 - VI ZR 146/14]; 20, 2467, 2469 [BGH 26.05.2020 - VI ZR 213/19]).

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