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Dem Patienten ist auf sein Verlangen hin jederzeit und unverzüglich Einsicht in die ihn betreffende Patientenakte zu gewähren. Den verfassungsrechtlich geschützten Rechten des Patienten entsprechend, kann dieses Einsichtsrecht nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden. Allein die Auffassung des Behandelnden, dass bereits die Kenntnis einer ungünstigen Prognose das Befinden des Patienten verschlechtern und zur Resignation hinsichtlich seines weiteren Lebensweges führen mag, kann die Verweigerung der Einsichtnahme grds nicht rechtfertigen (BGHZ 85, 327, 333). Die Ablehnung der Einsichtnahme ist vielmehr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich, um der Gefahr zu begegnen, dass eine, wenn auch mitunter gut gemeinte, ärztliche Zurückhaltung den grundsätzlichen Anspruch des mündigen Patienten untergräbt (BGHZ 85, 327, 333). Die Ablehnung kann allerdings in der Person des Patienten selbst oder den Rechten Dritter begründet sein. Erhebliche therapeutische Gründe, etwa eine drohende Selbstgefährdung des Patienten, können dazu führen, dass der Behandelnde dem Patienten gewisse Erkenntnisse aus der Patientenakte vorenthalten darf und muss (BGHZ 85, 327, 333; Erman/Rehborn/Gescher Rz 9). Das Einsichtsrecht kann insoweit seine Grenzen va in den Bereichen der Psychiatrie und Psychotherapie finden, in denen der Einfluss auf die geistig-seelische Struktur Schwerpunkt der Behandlung ist (BGHZ 85, 327, 336; 85, 339, 342; Montgomery et al. MedR 13, 149, 152; Schneider GesR 14, 385). In den Rechten Dritter liegen die Grenzen des Einsichtsrechts insbes, sofern deren ebenfalls schützenswerte Persönlichkeitsrechte von der Einsichtnahme betroffen sind (Laufs/Katzenmeier/Lipp/Katzenmeier IX Rz 62 f). Dies mag der Fall sein, so bei einem Minderjährigen sensible Informationen über seine gesetzlichen Vertreter in die Patientenakte eingeflossen sind (BTDrs 17/10488 S 27). Der Behandelnde selbst kann als Vertragspartei nicht als ›Dritter‹ iSd I 1 angesehen werden. Dies schließt es nicht von vornherein aus, die Verweigerung der Einsichtnahme zum Schutz des Behandelnden aus anderen Vorschriften abzuleiten (Bayer MedR 17, 211).

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