Rn 6

Die Aufklärung muss so erfolgen, dass dem Patienten hinreichend Zeit verbleibt, das Für und Wider der Behandlung wohlüberlegt abzuwägen und dadurch sein Selbstbestimmungsrecht zu wahren (BGH NJW 92, 2351; Köln VersR 19, 947, 948). Die Rechtzeitigkeit (II 1 Nr. 2) ist im jeweiligen Einzelfall ua in Abhängigkeit von der Schwere und Dringlichkeit der medizinischen Maßnahme zu beurteilen. Bei normalen ambulanten Eingriffen kann eine Aufklärung am Tag des Eingriffs noch rechtzeitig sein, solange dem Patienten verdeutlicht wird, dass ihm selbstbestimmt und eigenverantwortlich die Entscheidung über die Maßnahme verbleibt (BGH NJW 94, 3009; LG Memmingen NJW-RR 16, 224, 225). Bei nicht einfachen, den Patienten nicht nur gering belastenden Eingriffen kann demgegenüber die Aufklärung am Vorabend der Operation verspätet sein (BGH NJW 98, 2734 [BGH 17.03.1998 - VI ZR 74/97]). Verneint hat die Rspr überdies die Rechtzeitigkeit, wenn dem Patienten durch eine Aufklärung vor der Tür des Operationssaals der Eindruck vermittelt wird, sich nicht mehr aus einem bereits in Gang gesetzten Geschehensablauf lösen zu können (BGH NJW 94, 3009 [BGH 14.06.1994 - VI ZR 178/93]). Gleiches gilt, wenn der Patient die mehrere Tage vor der Operation überlassene Einwilligungserklärung erst auf dem Weg zum Operationssaal nach Verabreichung einer Beruhigungsspritze und dem Hinweis des Arztes, dass man die Operation andernfalls auch unterlassen könne, unterzeichnet (BGH NJW 98, 1784). Von einer wohlüberlegten Entscheidung des Patienten kann überdies dann nicht gesprochen werden, wenn in einem Krankenhaus die Übung herrscht, den Patienten selbst dann unmittelbar im Anschluss an die Aufklärung zur Unterschrift unter die Einwilligungserklärung zu bewegen, wenn ein Eingriff nicht sofort erfolgen muss (Köln VersR 19, 947, 948).

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