Rn 65

Die Arbeitspflicht ist Hauptpflicht des ArbN/Dienstverpflichteten, die im Zweifel persönlich zu leisten und nicht vererblich ist (§ 613 Rn 1, 3). Als Fixschuld ist sie regelmäßig nicht nachholbar.

a) Art und Umfang der Arbeitspflicht.

 

Rn 66

Der ArbG bestimmt mittels seines Weisungsrechts (Direktionsrecht, § 106 GewO; Rn 69), begrenzt durch die vertragliche Vereinbarung, die Art der Leistung. Der Umfang der Arbeitsleistung richtet sich nach dem Vertrag; der ArbN schuldet nur die Leistung, die er bei angemessener, dh auf Dauer ohne Gesundheitsgefährdung möglicher Ausschöpfung seiner Fähigkeiten und Kräfte nach seinem persönlichen und subj Leistungsvermögen erbringen kann (BAG NZA 20, 578 [BAG 03.12.2019 - 9 AZR 78/19]; 08, 693 f [BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06]). Bleibt er dahinter deutlich zurück, kann dies eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen (§ 620 Rn 71), jedoch keine Entgeltminderung (BAG aaO, 696).

b) Ort der Arbeitsleistung.

 

Rn 67

Der Ort der Arbeitsleistung wird grds durch die Vorgaben im Arbeitsvertrag bestimmt, § 2 I 2 Nr 4 NachwG. Vereinbarter Arbeitsort kann nur durch Vertragsänderung oder Änderungskündigung geändert werden. Enthält der Arbeitsvertrag keinen vereinbarten Arbeitsort, kann der ArbG an einen anderen Ort versetzen, uU auch ins Ausland (BAG ArbRAktuell 22, 643; NZA 17, 1452; 11, 631 [BAG 19.01.2011 - 10 AZR 738/09]). Die einseitige Anordnung von Homeoffice dürfte im Normalfall nicht (LAG Berlin-Brandenburg ArbRAktuell 19, 47), wohl aber in Ausnahmefällen (zB Pandemie, Günther/Böglmüller ArbRAktuell 20, 186; Krieger/Rudnik/Povedano NZA 20, 473) zulässig sein.

c) Zeit der Arbeitsleistung.

 

Rn 68

Der zeitliche Umfang richtet sich nach dem Arbeitsvertrag, § 2 I 2 Nr 8 NachwG; die Grenzen des ArbZG sind zu beachten. Der ArbG ist gem unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 II Nr 1 ArbSchG zur Einrichtung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet (BAG NZA 22, 1616 unter Bezug auf EuGH NJW 19, 1861). Die Lage der Arbeitszeit ist Kerngegenstand des Weisungsrechts (BAG NZA 08, 118 [BAG 17.07.2007 - 9 AZR 819/06]); bei kollektiven Tatbeständen besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, § 87 I Nr 2 BetrVG (BAG BeckRS 20, 25918; NZA 09, 1207 [BAG 18.08.2009 - 9 AZR 517/08]). Eine Pflicht zur Leistung von Überstunden besteht nur bei Vereinbarung (BAG NZA 06, 40 [BAG 27.07.2005 - 7 AZR 486/04]); die Beweislast für geleistete Überstunden trägt der ArbN (BAG NZA 13, 1100 [BAG 10.04.2013 - 5 AZR 122/12]; NZA 22, 1267 [BAG 04.05.2022 - 5 AZR 359/21]). Mehrarbeit ieS ist Arbeitsleistung, die über die durch das ArbZG vorgegebene Höchstarbeitszeit hinausgeht, Überarbeit geht über die tarifliche Arbeitszeit hinaus (BAG NZA 13, 743 [BAG 21.02.2013 - 6 AZR 406/11]; zur Pauschalabgeltung im Formularvertrag s Rn 62). Der Weg vom Wohnort zum Betrieb gehört nicht zur Arbeitszeit, der Weg vom Betrieb zur eigentlichen Arbeitsstelle hingegen kann ggf zur Arbeitszeit gehören (BAG NZA 21, 1192).

Kurzarbeit ist die Herabsetzung der im Betrieb üblichen Arbeitszeit; soweit nicht im Arbeitsvertrag vorbehalten, kann der ArbG Kurzarbeit durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Vereinbarung mit dem ArbN oder Änderungskündigung einführen; es besteht ein Mitbestimmungsrecht gem § 87 I Nr 3 BetrVG. Aufgrund der laufend aktualisierten Kurzarbeitergeldverordnung (KuGV) gelten erleichterte Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld derzeit bis zum 30.6.23.

d) Weisungsrecht des Arbeitgebers.

 

Rn 69

In den Grenzen von § 106 GewO kann der ArbG Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen, § 315 (BAG NZA 17, 1452; 14, 719), bestimmen, soweit diese nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Gesetz (BAG DB 09, 2551) festgelegt sind. Direktionsrechterweiternde Klauseln sind in den Grenzen von §§ 305 ff zulässig (Rn 63), einseitige Eingriffe des ArbG in das Synallagma nur unter engen Voraussetzungen (Rn 62, 63; BAG NZA 09, 428 [BAG 11.02.2009 - 10 AZR 222/08]; Preis/Genenger NZA 08, 969).

e) Prozessuales.

 

Rn 70

Die Erfüllung der Dienstpflicht kann eingeklagt werden, ist jedoch nur bei vertretbaren Dienstleistungen, § 887 ZPO, vollstreckbar, ansonsten nicht, § 888 III ZPO.

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