Rn 32

Ausgangspunkt der Abwägung ist ein Vergleich der Kosten beider Arten der Nacherfüllung (BRHP/Faust Rz 55); maßgeblich ist der Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens (BGH BeckRS 18, 27613 Rz 69 ff). Welche Differenz die vom Käufer gewählte Art für den Verkäufer unzumutbar macht, wird nicht nach festen Prozentzahlen entschieden, gem IV 2 ist eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall entscheidend (BGH aaO Rz 59), wobei auch ein Verschulden des Verkäufers zu berücksichtigen ist (BGH NJW 22, 1238 [BGH 08.12.2021 - VIII ZR 190/19] Rz 112). Daraus folgt: (1) Unzumutbarkeit einer Nachbesserung ggü Ersatzlieferung liegt schon bei Kostendifferenz von 5–10 % vor, soweit der Käufer nicht ein gerechtfertigtes Interesse an Nachbesserung hat, zB bei Haustier, Farbabweichungen von Möbeln und Textilien. (2) Unzumutbarkeit einer Ersatzlieferung ggü Nachbesserung ist zu entscheiden nach der Kaufsache: Preis und Komplexität (vgl P. Huber NJW 02, 1004, 1007), Art des Mangels, bes ob er typisch repariert wird, zB Glühbirne bei PKW, Zubehör bei Computer wie Maus, sowie der sich im Mangel ausdrückende Gesamtzustand (vgl Celle NJW-RR 07, 353, 354; LG Münster DAR 04, 226, 228 ›Zitronenauto‹): Bei Nachbesserungen, die die – auch neue – Sache weder wertmäßig noch ideell beeinträchtigen, führen schon Differenzen von 5–10 % zur Unzumutbarkeit der Ersatzlieferung; bei Nachbesserungen, die zwar den Mangel vollständig beseitigen, aber der Kaufsache den minderen Status einer reparierten Sache geben, entscheidet der Einzelfall: Nicht unverhältnismäßig sind bei Neuwagen: 20 % Differenz bei Rostreparatur (!) (LG Ellwangen NJW 03, 517 f); 50 % Differenz bei Vielzahl von Mängeln (LG Münster DAR 04, 226, 228), ohne prozentuale Differenzierung bei schwerem Motorschaden (Celle NJW-RR 07, 353, 354); generell für 10 %, bei hohen Kosten aber auch geringere Differenz (Erman/Grunewald Rz 13). Führt Nachbesserung nur zur Minderung des Mangels, kommt es auf Verhältnismäßigkeit nicht an (Faltenbildung bei Polstermöbeln: LG Aachen NJW-RR 07, 633, 634). Liegt im Fall einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Kfz ein Mangel vor, ist eine Ersatzlieferung für den Verkäufer unzumutbar, wenn bereits durch ein schlichtes Software-Update nachgebessert werden kann (Saarbr NJW-RR 20, 47 Rz 35–47; Frankf NJW-RR 20, 1057; Frankf BeckRS 21, 7885 Rz 42; aA Karlsr NJW-RR 19, 869 [BGH 19.03.2019 - XI ZR 44/18] Rz 109–121, das unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen auch in diesem Fall eine Ersatzlieferung für zumutbar hält mit nicht überzeugender Begründung). Verkäufer muss substantiierten Kostenvergleich vorlegen (LG Hagen NJW-RR 12, 117, 118 [LG Hagen 29.07.2011 - 2 O 50/10]).

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