I. Einleitung.

 

Rn 29

Zwar ist die Schlechtleistung als weitere Tatbestandsvoraussetzung für die Schadensersatzansprüche des allg Leistungsstörungsrechts anerkannt. Dieses ist aber auf die Besonderheiten der Einstandspflicht für Mängel und des Rechts des Verkäufers zur zweiten Andienung nicht zugeschnitten. Viele rechtliche Fragen sind daher äußerst str. Zudem ist die Haftung des Verkäufers für Mängel und die Verletzung von Nebenpflichten abzustimmen.

II. Systematisierung.

 

Rn 30

Die mit Schadensersatz bewehrten Pflichten des Verkäufers lassen sich in folgender Matrix ordnen: (1) Primärer Anknüpfungspunkt ist die Art der Pflichtverletzung. Zu unterscheiden ist zwischen Verletzungen der Hauptleistungspflicht des § 433 I 2 und von Nebenpflichten. Die Verletzung von § 433 I 2 ist zu differenzieren in die drei Fallgruppen behebbare Mängel, Pflichtverletzungen bei der Nacherfüllung und unbehebbare Mängel. (2) Die Differenzierung nach der Art des geltend gemachten Schadens ist hochstr. Teilweise wird weiter zwischen Mangel- und Mangelfolgeschaden unterschieden; dabei meint Mangelschaden die Beeinträchtigung des Erfüllungsinteresses unter Einschluss von Minderwert, Nutzungsausfall und entgangenem Gewinn, Mangelfolgeschaden die Beeinträchtigung des Integritätsinteresses des Käufers, also dessen sonstiger Rechte und Rechtsgüter (MüKo/Westermann Rz 28; Boerner ZIP 01, 2264, 2272; Brüggemeier WM 02, 1376, 1382). Richtigerweise ist die Differenzierung teleologisch am Konzept der §§ 437 ff auszurichten, dass der Käufer primär einen Anspruch auf Erfüllung und dh bei Schlechtleistung auf Nacherfüllung hat. Daraus sind abzuleiten die Kategorien der Schäden, die prinzipiell (!) durch Nacherfüllung behoben werden können, wie mangelbedingter Minderwert, Reparaturaufwand, zukünftig entgehender Gewinn, und der einer Nacherfüllung nicht zugänglichen Schäden, wie Verletzungen des Integritätsinteresses des Käufers, (Betriebs-)Ausfallschäden wie schon entgangener Gewinn (so mit Unterschieden iE teilweise unter Bezeichnung als Mangel- und Mangelfolgeschäden § 280 Rn 57 ff; Skamel 70–77; vgl Naumbg ZGS 05, 77). (3) Für die Rechtsfolgen ist abzugrenzen zwischen Schadensersatz (neben der Leistung) gem § 280 I, infolge Verzugs gem §§ 280 II, 286 und statt der Leistung gem § 281; Schadensersatz statt der Leistung kann für unerhebliche Pflichtverletzungen nicht gefordert werden (Rn 24). Die Bedeutung der Verzugshaftung resultiert aus dem Fehlen eines speziellen kaufrechtlichen Haftungsrechts: Verzögerung oder Schlechtleistung der Nacherfüllung stellt Verzug mit einer Hauptleistungspflicht dar, kann sich aber zB bei sicherheitsrelevanten Mängeln wie eine Nebenpflichtverletzung in einer Verletzung von anderen Rechten und Rechtsgütern des Käufers äußern. Nach der Biodiesel-Entscheidung (BGH NJW 13, 2959 [BGH 03.07.2013 - VIII ZR 169/12] Rz 26 ff) wird zwischen Schadensersatz statt und neben der Leistung danach abgegrenzt, ›ob der betreffende Schaden durch die Nacherfüllung beseitigt würde‹ (Rz 26 unter Zitat von Tiedtke/Schmitt BB 05, 615; s Korch/Hagemeyer Jura 14, 1302, 1306 ff): Dann kann nur Schadensersatz statt der Leistung gefordert werden, mit der wichtigen Konsequenz, dass die Frist zur Nacherfüllung abgelaufen sein muss, so sie nicht ausnahmsweise rechtlich entbehrlich ist. Demgegenüber deckt der Schadensersatz neben der Leistung gem § 280 I und wegen Verzugs die einer Nacherfüllung nicht zugänglichen Schäden ab.

III. Verletzung der Pflicht zu mangelfreier Lieferung (§ 433 I 2).

1. Behebbarer Mangel.

 

Rn 31

Der Käufer kann durch einen Mangel schon geschädigt werden, bevor es überhaupt zur Nacherfüllung durch den Verkäufer kommen konnte. Bsp ist die Lieferung einer Maschine mit einem behebbaren Softwarefehler, der zur Beschädigung von Gussstücken und später zum Ausfall der Maschine führt.

a) Schadensersatz gem § 280 I.

aa) Ausfallschäden.

 

Rn 32

§ 280 I ist Grundlage für den Anspruch des Käufers auf Ersatz eines Ausfallschadens als Schadensersatz neben der Leistung; die Verzugsvoraussetzungen sind daher nicht erforderlich (grundl BGHZ 181, 317 Rz 9–19; BTDrs 14/6040, 225; MüKo/Westermann Rz 33). Nicht entschieden ist, ob der Vorrang der Nacherfüllung die Geltendmachung von Schadensersatz neben der Leistung für die Zeit zwischen Übergabe und dem Beginn des Verzugs des Verkäufers mit der Nacherfüllung sperrt (Oechsler NJW 04, 1825, 1828; 4. Aufl Rz 32). Es spricht viel dafür, dass die hM die Ersetzbarkeit des Ausfallschadens, bes in Form des Nutzungsausfalls, unabhängig vom Recht des Verkäufers auf die zweite Andienung sieht. Dann gilt: Bei Nichtlieferung sind Ausfallschäden nur bei Verzug, bei Schlechtlieferung schon bei Verschulden des Verkäufers gem § 280 I zu ersetzen.

bb) Verletzungen des Integritätsinteresses.

 

Rn 33

Die Anwendbarkeit von § 280 I auf Schäden aus Verletzungen des Integritätsinteresses völlig unabhängig von Fristen zur Nacherfüllung ist ganz hM (MüKo/Westermann Rz 35; teilw aA Oechsler NJW 04, 1825, 1829 f). Der Anspruch auf Schadensersatz für die Gussstücke in Rn 31 folgt also aus § 280 I iVm Nr 3.

b) Schadensersatz statt der Leistung: Mangelbedingter Minderwert und ähnliche Schäden.

 

Rn 34

Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung für diese von der Nacherfüllung abhängigen Schäden (s Rn 31) besteht aufgrund eines behe...

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