Gesetzestext

 

(1) Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn

1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und
2. der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über dessen Widerrufsrecht unterrichtet hat.

(2) Der Verbraucher hat Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Dienstleistungen, für die der Vertrag die Zahlung eines Preises vorsieht, oder die bis zum Widerruf erfolgte Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder von Fernwärme zu leisten, wenn

1. der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werden soll,
2. bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag der Verbraucher das Verlangen nach Nummer 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat und
3. der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat.

Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, so ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.

(3) Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, so hat er keinen Wertersatz zu leisten.

A. Reform.

 

Rn 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz v 10.8.21 (BGBl I 3483; s Vor §§ 312 Rn 4a) mWv 28.5.22 im Zuge der Umsetzung der sog ModernisierungsRL neu eingefügt. Inhaltlich entspricht sie den bisherigen § 357 VII–IX aF, die aus Gründen der Übersichtlichkeit in eine eigenständige Norm verschoben wurden. Der bisherige § 357a und die nachfolgenden Normen verschieben sich entsprechend.

B. Ersatzpflicht für Wertverlust von Waren, I.

I. Reform.

 

Rn 2

Die Norm enthält Regelungen für den Wertersatz für Fernabsatzverträge sowie für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Voraussetzung ist, dass ein Wertverlust einer Ware eingetreten ist. Die Leistung von Wertersatz für die Lieferung von Waren war bisher in § 357 III aF (Wertersatz für Wertverlust für alle Verbraucherverträge) und in § 312e I aF (Nutzungsersatz nur für Fernabsatzverträgen) geregelt. Eingefügt wurde § 312e aF durch das FernabsAnpG vom 27.7.11 (dazu Wendehorst NJW 11, 2551; Bartholomä NJW 12, 1761) als Reaktion auf das Messner-Urteil des EuGH (3.9.09 – C-489/07, NJW 09, 3015), wonach der Nutzungswertersatz bei Fernabsatzverträgen nur unter ganz engen Voraussetzungen für zulässig angesehen wurde.

 

Rn 3

I knüpft nun in Umsetzung von Art 14 II VRRL ähnl § 357 III aF (aber ohne Rückgriff auf §§ 346 ff) an einen Wertverlust der Sache an (dazu Schneider/Stein NJW 20, 1918). Grundlegende Änderungen zur früheren Rechtslage sollen sich durch die Reform nicht ergeben (BTDrs 17/12637, 63). Der zuvor in § 312e I aF enthaltene Nutzungswertersatz wird nicht mehr eigens geregelt. Er dürfte der Ausschlussbestimmung des § 361 I unterfallen (näher § 361 Rn 4). Zu möglichen Verstößen gegen die VRRL Magnus JZ 17, 983. Fällig ist der Wertersatzanspruch mit wirksamem Widerruf (Stuttg 21.9.21 – 6 U 184/19).

II. Ersatzpflicht.

 

Rn 4

Ziel des I ist der Ausgleich der Interessen von Verbraucher und Unternehmer. Dabei geht es insb um die Wertminderung der (ja, vielleicht mangelfreien) Sache dadurch, dass sie womöglich nicht mehr ›fabrikneu‹ an den Unternehmer zurückgelangt. Etwa bei Kfz, Möbeln und Kleidungsstücken kann das einen erheblichen Verlust bedeuten.

 

Rn 5

Nach I Nr 1 besteht keine Ersatzpflicht bei solchen Verschlechterungen, die ausschl auf die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware zurückgehen. Der Verbraucher haftet daher iE nur dann, wenn die Sache zwar bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen wird, dies aber über dasjenige hinausgeht, was zur Prüfung der Sache notwendig wäre; weiter haftet er für sämtliche Verschlechterungen, die aus einer nicht bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme resultieren. Maßstab ist grds dasjenige, was dem Verbraucher beim Ausprobieren und Testen der Waren im Geschäft ermöglicht wird (ErwGr 47 VRRL, dort wird als Bsp genannt, dass der Verbraucher ein Kleidungsstück zwar anprobieren, nicht aber tragen dürfen soll). Vielfach wird die dem Verbraucher zugestandene Prüfung aber gar nicht möglich sein, ohne dass wenigstens die Originalverpackung geöffnet und dabei teilweise zerstört wird, ja, sogar die Sache selbst verändert wird, vgl BGHZ 187, 268 zum (zulässigen) Befüllen eines Wasserbetts; anders bei Einbau eines Katalysators und anschließendem Gebrauch iR einer kurzen Probefahrt (BGHZ 212, 248 Rz 24 ff). Bei bestimmten Artikeln, wie Medikamenten und Hygieneprodukten, kann eine Prüfung üblicherweise ohne Öffnen der Verpackung erfolgen.

 

Rn 6

Verlangt wird dafür in I...

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