Gesetzestext

 

Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf die Haftung einer Person in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber oder der Organisationen, die deren berufliche Interessen vertreten, für Schäden, die aus bevorstehenden oder durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen entstanden sind, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgen soll oder erfolgt ist.

A. Einleitung.

 

Rn 1

Seit 11.1.09 gilt für deliktische Arbeitskampffolgen Art 9. Die Regelung soll die Anwendung ausländischen Rechts auf inländische Streiks verhindern (Wagner IPRax 08, 10).

B. Anknüpfungsgegenstand.

 

Rn 2

Art 9 betrifft lediglich die deliktischen Folgen eines Arbeitskampfes. Erfasst sind nur ArbN, ArbG und Verbände. Für die Haftung von anderen Personen, etwa Funktionsträgern der Verbände oder außerbetrieblichen Sympathisanten, gelten dagegen die allgemeinen Regeln der ROM II (Knöfel EuZA 08, 239; aA ErfK/Schlachter Art 9 ROM II Rz 1). Die Regelung umfasst auch vorbeugende Unterlassungsklagen aus Delikt (Knöfel EuZA 08, 242). Für die ›Arbeitskampfmaßnahme‹ gelten die Definitionen der Mitgliedstaaten (MüKo/Junker Art 9 ROM II Rz 14); der Anwendungsbereich von Art 9 kann somit je nach Mitgliedstaat variieren (Deinert ZESAR 12, 311). Gem Erw 28 lässt Art 9 die Bestimmungen des nationalen Rechts hinsichtlich der Bedingungen zur Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen sowie zur Stellung der Gewerkschaften unberührt.

C. Anknüpfungsmoment.

 

Rn 3

Maßgeblich ist gem Art 9 und Erw 27 2 das Recht des Ortes, an dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgt ist bzw erfolgen soll (Deinert ZESAR 12, 311; Knöfel EuZA 08, 242 ff; vgl auch Wagner IPRax 08, 10; BeckOKBGB/Spickhoff Art 9 ROM II Rz 6). Umstr ist die Frage nach der Anknüpfung bei einem transnationalen Arbeitskampf, zB wenn Piloten einer Fluggesellschaft in mehreren Staaten streiken (für einheitliche Schwerpunktanknüpfung Leible/Lehmann RIW 07, 731; für Trennung der einzelnen Arbeitskampfverhältnisse Deinert ZESAR 12, 311; Knöfel EuZA 08, 228, 239) oder bei einem Seearbeitskampf (für Recht des Flaggenstaates Grüneberg/Thorn ROM II Art 9 Rz 3; zurückhaltend: EuGH IPRax 06, 161 – DFDS Torline; für Recht am geographischen Aufenthaltsort des von der Arbeitskampfmaßnahme betroffenen Schiffs ArbG Hamburg IPRax 87, 31; Deinert ZESAR 12, 311; Knöfel EuZA 08, 245). Letztere Ansicht kann zu ›strike law shopping‹ führen.

D. Vorrangige Anknüpfungen und Rechtswahl.

 

Rn 4

Art 9 tritt hinter der Anknüpfung an das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts von Schädiger und Geschädigtem nach Art 4 II zurück (MüKo/Junker Art 9 ROM II Rz 30). Zur Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes kann ggf auf den Ort der Hauptverwaltung zurückgegriffen werden (Art 23). Die Ausweichklausel des Art 4 III ist hingegen nicht anwendbar (Leible/Lehmann RIW 07, 731; krit Grüneberg/Thorn ROM II Art 9 Rz 3). Auch kann nach Art 14 I lit a und lit b sowohl nachträglich als auch im Voraus eine Rechtswahl durchgeführt werden, die Art 9 vorgeht (Grüneberg/Thorn ROM II Art 9 Rz 3; aA Wagner IPRax 08, 1, 10).

E. Ordre Public und Eingriffsnormen.

 

Rn 5

Nach Art 26 kann von der Anwendung des Kampfortrechts abgesehen werden, wenn der ordre public des Forumstaats im Weg steht. Auch international zwingendes Eingriffsrecht des Forumstaats geht Art 9 vor, Art 16.

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