Rn 64

Besonders umstr ist die Einordnung von Nutzungsausfall- und Betriebsausfallschäden, va solcher, die als Folge der Mangelhaftigkeit einer Kaufsache oder eines Werkes entstehen. Nach altem Schuldrecht gingen solche Schäden häufig im Schadensersatz wegen Nichterfüllung auf (vgl BGH NJW 97, 1231 [BGH 17.01.1997 - V ZR 285/95]); dementspr findet sich auch zum neuen Recht die Auffassung, es gehe um Schadensersatz statt der Leistung (Huber/Faust 352) oder der Schaden könne jedenfalls als Rechnungsposten in die Schadensbilanz einzubeziehen sein (BGH NJW 09, 2674 [BGH 19.06.2009 - V ZR 93/08] Rz 9). Das ist unrichtig, weil der Betriebsausfallschaden nicht mit einem Erfüllungsanspruch konkurriert (s.o. Rn 30, Rn 41). Die verbreitete Einordnung von Betriebsausfallschäden in einen schlichten § 280 I (BTDrs 14/6040, 225; BGH NJW 09, 2674; ebenso Canaris ZIP 03, 321, 326 f; Dauner-Lieb/Dötsch DB 01, 2535, 2537; Kaiser, FS Westermann 351, 361; Grüneberg/Grüneberg § 280 Rz 13) vernachlässigt die beim Betriebsausfall typische Steigerung des Schadens mit der Zeit: Es handelt sich daher um Verzögerungsschäden (zutr Grigoleit/Riehm AcP 203 (2003) 727, 754 ff; Sailer Schadensersatzhaftung des Verkäufers 33).

 

Rn 65

Hinter den Versuchen einer Vermeidung von § 280 II steht offenbar auch die Sorge darum, dass die Verzugsvoraussetzungen zT zu streng sein könnten um sachgerechte Lösungen zu erreichen (s etwa Dauner-Lieb/Dötsch DB 01, 2535, 2537; Gruber ZGS 03, 130). Dabei wird freilich übersehen, dass sich insbes die diskutierten Fälle des bereits mit Lieferung eintretenden Betriebsausfall(schaden)s vielfach mit den Mitteln von § 286 II lösen lassen. Bei mangelhaften Leistungen vor Fälligkeit (s § 271 II) muss der Ersatz des Schadens für die Zeit vor dem Fälligkeitszeitpunkt grds ausgeschlossen sein (übersehen durch BGH NJW 09, 2674 [BGH 19.06.2009 - V ZR 93/08]). Eine mögliche Ausnahme davon ist etwa der sofortige Eintritt des Verzugs mit der Nacherfüllung nach § 286 II Nr 4 (s.a. Sailer Schadensersatzhaftung des Verkäufers 34 sowie § 286 Rn 23) bei vorzeitiger Lieferung einer mangelhaften Sache, wenn bei den Vertragsverhandlungen deutlich geworden ist, dass beim Gläubiger im Falle des Mangels sofort nach Lieferung Verspätungsschäden – etwa Betriebsausfall – eintreten würden. Das nicht angenommene Angebot zur Nachbesserung lässt die Ersatzfähigkeit des Betriebsausfallschadens enden; das vermag die herrschende Auffassung allenfalls über § 254 zu erklären.

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