Rn 9

Bei vertragsmäßigen Verfügungen ist Auslegungsmaßstab zwar zunächst ebenfalls der Verständnishorizont des Erblassers (§ 133). Der hiernach ermittelte Erblasserwille kann jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als dieser aus der Sicht des Ehe- oder Vertragspartners (§ 157) bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt erkennbar war (BGH NJW 84, 781), denn dem Vertragsschluss liegen empfangsbedürftige Willenserklärungen zugrunde. Haben die Beteiligten übereinstimmend etwas anderes unter einem beurkundeten Ausdruck verstanden, so ist das Gewollte, nicht das Beurkundete maßgebend (falsa demonstratio).

 

Rn 10

Wechselbezügliche Verfügungen sind hingegen keine empfangsbedürftigen Willenserklärungen. Sie sind aufeinander bezogene, parallel laufende Erklärungen. Zu prüfen ist deshalb nach dem Maßstab des § 133, ob eine Willensübereinstimmung der beiden Erblasser gegeben war oder nicht (BGH NJW 91, 169; FamRZ 93, 318). Fehlt es an dieser Übereinstimmung, so ist zu prüfen, wie der jeweils andere Ehegatte die Verfügung verstehen durfte, denn er musste sich auf den Inhalt dieser Verfügung verlassen und einstellen (BGH FamRZ 93, 318). Ggf kommt eine Umdeutung (Rn 18) des Ehegattentestaments in zwei Einzeltestamente in Betracht (Kanzleiter ZEV 96, 306).

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