Rn 38

des Umgangs lassen sich nicht aus allg Erfahrungssätzen ermitteln, sondern nur aus den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist das Elternrecht beider Elternteile, das Persönlichkeitsrecht des Kindes und insb dessen Wohl zu beachten (BVerfG FamRZ 93, 662, 663; 95, 86, 87). Jegliche Schematisierung verbietet sich (Hamm FamRZ 90, 654, 655). Dennoch hat sich eine verfestigte Tendenz zu einem 14-tägigen Umgangsrecht für ältere Kinder herausgebildet (vgl AG Kerpen FamRZ 94, 1486, 1487; KG FamRZ 89, 656, 660; Staud/Rauscher § 1684 Rz 187). Dies ist nicht zu beanstanden. Vielmehr wird sich in den ganz überwiegenden Fällen etwa ab dem Kindergartenalter ein Umgang an jedem zweiten Wochenende empfehlen, der nach Möglichkeit zumindest eine Übernachtung miteinschließen sollte (vgl Köln FamRZ 20, 106). Muss erst eine Annäherung herbeigeführt werden, kann auch ein nur monatlicher Umgang veranlasst sein (Hamm FamRZ 11, 1668). Für den Fall, dass Umgangstermine ausfallen, weil das Kind erkrankt ist oder andere Gründe in der Person des Kindes bestehen, sollte grds eine Nachholung am nächsten freien regelmäßigen Umgangswochentag stattfinden (vgl Saarbr FamRZ 12, 646).

 

Rn 39

Der Umgang sollte regelmäßig und periodisch stattfinden, so dass das Kind und auch die Eltern sich darauf einstellen können und er zu einem festen und selbstverständlichen Bestandteil in ihrem Lebensplan wird (Köln FamRZ 10, 998; Staud/Rauscher § 1684 Rz 191). Die Zeit zwischen den Umgangskontakten darf nicht zu lange sein, um der Gefahr der Entfremdung vorzubeugen. Andererseits ist ein zu kurzer Rhythmus, nicht zu empfehlen, insb wenn dann ein Elternteil stets die Wochenenden und der andere die Werktage mit dem Kind zusammen wäre. Eine Ausnahme besteht aber für Kleinkinder bis etwa drei Jahre. Hier sollte der Umgang idR einmal in der Woche, bei Säuglingen sogar noch häufiger stattfinden, um dem eingeschränkten Erinnerungsvermögen und dem besonderen Zeitgefühl dieser Altersgruppe Rechnung zu tragen (Kobl FamRZ 17, 1844; Staud/Rauscher § 1684 Rz 191a; J/H/A/Rake § 1684 Rz 29; vgl auch Brandbg FamRZ 10, 1352, 1354; AG Kerpen FamRZ 94, 1486, 1487). Ein Umgangskontakt unter der Woche entspricht bereits regelmäßig deshalb nicht dem Wohl des Kindes, weil es da Kindergarten oder Schule besuchen wird, so dass die Zeit des Zusammenseins stark verkürzt wäre; häufig wird auch der umgangsberechtigte Elternteil berufstätig sein (Brandbg FamRZ 14, 1859; vgl aber AG Saarbrücken FamRZ 03, 10). Auch ein blockweiser Aufenthalt (über 30 % genügen, vgl Frankf FamRZ 19, 976) bei jeweils einem Elternteil (›Wechselmodell‹) dient regelmäßig nicht dem Kindeswohl (vgl Salzgeber FamRZ 15, 2018); es kann daher nur in Betracht gezogen werden, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht (BGH 17, 532; KG FamRZ 17, 1409; Brandbg FamRZ 17, 1757; KG FamRZ 18, 1322; 21, 609; Karlsr FamRZ 21, 688; Frankf FamRZ 22, 362; vgl auch BVerfG FamRZ 18, 593). Denn es ist erforderlich dem Kind insoweit Sicherheit zu geben, dass es wissen und erfahren kann, wo sich sein Lebensmittelpunkt befindet (Karlsr FuR 98, 270, 272; Köln FamRZ 12, 1885; Brandbg FamRZ 12, 1886). Dies ist auch Ausdruck der zu wahrenden Erziehungskontinuität (Staud/Rauscher § 1684 Rz 189). Das Kind darf in seiner prinzipiellen Zuordnung zum Sorgeberechtigten nicht irritiert und keinen Spannungen und Widersprüchen ausgesetzt werden, die in der Reifeentwicklung schädlich sind (Hamm FamRZ 90, 654, 655; Kobl FamRZ 10, 738, 739; Saarbr FamRZ 11, 824, 825; Nürnbg FamRZ 11, 1803; vgl auch Zweibr FamRZ 97, 45, 46 zur ›Pendelsituation‹; Dresd FamRZ 05, 125; Celle FamRZ 08, 2053; Köln FamRZ 12, 1885, jeweils zu den Vor- und Nachteilen des sog ›Wechselmodells‹). Wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht – was vor allem die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraussetzt (Brandbg FamRZ 17, 1757; 20, 345; 21, 34; Bambg FamRZ 18, 438; Kobl FamRZ 18, 507; Bremen FamRZ 18, 1908; Hamm FamRZ 18, 1912; KG FamRZ 18, 1324: ausnahmsweise auch bei hochkonflikthaften Eltern; Stuttg FamRZ 20, 107; Dresd FamRZ 21, 1805; Frankf FamRZ 21, 1807) – kann das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden (BGH FamRZ 17, 532 mAnm Schwonberg gegen die bisher hM; ebenso Stuttg FamRZ 18, 35; Bambg FamRZ 19, 979: Kindeswille; Brandbg FamRZ 20, 345; 21, 34 zu Voraussetzungen; FamRZ 22, 1210: idR nicht bei entgegenstehendem Kindeswillen; Dresd FamRZ 22, 1206: ggf auch bei erheblicher Kommunikationsstörung; Dresd FamRZ 22, 1208: eingeschränkt bei sehr kleinen Kindern), jedoch nicht im Sorgerechtsverfahren, sondern nur iR einer gerichtlichen Umgangsregelung (Frankf FamRZ 19, 976; 22, 614; ähnlich Bambg FamRZ 19, 979; offengelassen von BGH FamRZ 17, 532; 22, 601 mAnm Hammer; aA Frankf FamRZ 20, 1181 m Anm Fischer). Eine sorgerechtliche Entscheidung zur Durchsetzung des Wechselmodells kann nur dadurch ergehen, dass dem Elternteil, der ein vom anderen Elternteil abgelehntes Wechselmodell b...

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