Rn 6

Das Kind muss sich in Familienpflege befinden. Damit sind nicht nur die Vollzeitpflege und sonstige Pflegeformen gem §§ 33 ff SGB VIII gemeint, sondern jedes tatsächliche Pflegeverhältnis familienähnlicher Art, das seit längerer Zeit besteht; auch eine Pflegeerlaubnis nach §§ 44 ff SGB VIII ist nicht Voraussetzung (BayObLG FamRZ 84, 817). In ›Familienpflege‹ iSd Vorschrift kann sich ein Kind auch bei Verwandten, insb bei Großeltern, befinden (BayObLG FamRZ 91, 1080).

 

Rn 7

Gem § 1632 IV 1 muss die Familienpflege seit längerer Zeit bestehen. Hierunter ist keine bestimmte Zeitspanne zu verstehen. Auszugehen ist vielmehr vom engeren kindlichen Zeitbegriff und den kindlichen Zeitvorstellungen, die wiederum in Beziehung zum Kindesalter stehen (vgl Köln FamRZ 07, 658; 09, 989). Je jünger das Kind ist, umso länger wird ihm eine Zeitspanne erscheinen, und umso länger ist auch die Zeit in Beziehung zur Dauer seines bisherigen Lebens, so dass es schon einen recht langen Zeitraum darstellt, wenn ein einjähriges Kind seit einem halben Jahr in einer Pflegefamilie gelebt hat (BayObLG FamRZ 91, 1080). Entscheidend ist, welche Bindungen sich in diesem Zeitraum zwischen Kind und Pflegeperson entwickelt haben, wobei auch das Verhältnis zu anderen Personen in der Pflegefamilie, wie etwa Pflegegeschwister, von Bedeutung sein kann (BayObLG FamRZ 91, 1080; vgl auch Celle FamRZ 90, 191; Karlsr FamRZ 06, 1501, 1502).

 

Rn 8

Die Vorschrift setzt voraus, dass die Eltern sorgeberechtigt, zumindest aber Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sind. Andernfalls stünde ihnen bereits kein Herausgabeanspruch gem I zu, der abgewehrt werden müsste. Über den Wortlaut hinaus gilt die Vorschrift im Grundsatz auch dann, wenn ein Vormund das Kind von der Pflegeperson wegnehmen will (BayObLG FamRZ 91, 1080; Brandbg FamRZ 22, 603).

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