Rn 6

Grds stellt allein der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung eine intime Beziehung oder eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner eingeht, noch keinen Härtegrund dar (BGH FamRZ 89, 487). Auch die Tatsache, dass er mit dem Unterhalt einen Dritten unterhält ist unerheblich (BGH FamRZ 88, 930). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Unterhaltszahlungen für den Unterhaltspflichtigen unzumutbar sind (BGH FamRZ 94, 558). Danach kann ein Verwirkungstatbestand gegeben sein, wenn eine eheähnliche Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu seinem neuen Lebensgefährtin wegen kränkender oder sonst anstößiger Begleitumstände geeignet ist, den Verpflichteten in außergewöhnlicher Weise zu treffen, in der Öffentlichkeit bloß zu stellen oder sonst in seinem Ansehen zu schädigen (BGH FamRZ 89, 487) oder der Unterhaltsberechtigte zu einem Partner ein auf Dauer angelegtes Verhältnis aufnimmt und das nicht eheliche Zusammenleben gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist (BGH FamRZ 02, 23, 810).

 

Rn 7

Voraussetzung ist eine Verfestigung, die einen gewissen Zeitablauf von zwei bis drei Jahren des Zusammenlebens voraussetzt (BGH FamRZ 97, 671; 95, 726; FuR 07, 529). Zw ist ob ein kürzerer Zeitabstand ausreichend sein kann, zB bei Geburt eines gemeinsamen Kindes (Köln FF 99, 154) oder Anschaffen einer gemeinsamen Immobilie (Hambg FamRZ 02, 1038). Nach Auffassung des BGH soll die Dauer bis zur Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft durch objektive, nach außen tretende Umstände, wie etwa einen über einen längeren Zeitraum hinweg geführten gemeinsamen Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit oder größere gemeinsame Investitionen wie den Erwerb eines gemeinsamen Familienheims beeinflusst werden, wobei der BGH allerdings betont hat, dass er daran festhält, dass ein 2–3-jähriges Zusammenleben grds erforderlich ist (BGH FamRZ 11, 1854). Ob allein diese Umstände jedoch geeignete Kriterien für eine bereits vertiefte Verfestigung sind, ist deswegen zweifelhaft, weil darin nur der Wunsch nach Verfestigung zum Ausdruck kommt.

 

Rn 8

Weitere Voraussetzung ist, dass das nicht eheliche Zusammenleben eine Form angenommen hat, die diese Lebensgemeinschaft mit einer Ehe vergleichbar macht. Dies ist dann gegeben, wenn ein gemeinsamer Haushalt besteht. Unterhalten die Eheleute jedoch getrennte Wohnungen, müssen besondere Umstände hinzutreten, um die Eheähnlichkeit anzunehmen. Dazu reicht die gemeinsame Gestaltung des Urlaubs ebenso wenig aus wie gemeinsame Besuche von Familienfesten und Feierlichkeiten sowie das Verbringen einiger Wochenenden im Monat (BGH FamRZ 02, 23). Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass die Eheleute auch ansonsten trotz getrennter Wohnungen ihr Leben gemeinsam gestalten. Dies ist dann nicht gegeben, wenn sie sich dafür entschieden haben, dauerhaft eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, um persönliche Freiräume zu verwirklichen, ihre Beziehung also bewusst auf Distanz angelegt ist, weil kein enges Zusammenleben gewünscht wird.

 

Rn 9

Ob es irgendwelche Hinderungsgründe für eine neue Eheschließung gibt, ist demggü unerheblich. Ausreichend ist, dass die Parteien ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen wollen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren und damit ihr Zusammenleben eheähnlich gestalten (BGH FamRZ 02, 810). Deswegen ist der Verwirkungstatbestand auch während der Trennungszeit gegeben, bei gleichgeschlechtlicher Partnerschaft oder bei anderen wichtigen Gründen, die gegen eine neue Eheschließung vorgetragen wurden oder auch bei einem verheirateten Lebenspartner. Die alte bisherige Rspr zum Bestehen einer Unterhaltsgemeinschaft (BGH FamRZ 95, 540; 89, 490) oder zum Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit (BGH FamRZ 84, 986) ist damit gegenstandslos geworden, weil es sich hierbei lediglich um Hilfskonstruktionen für den Fall handelte, dass nach früherer Auffassung Umstände, die gegen eine Eheschließung sprachen, den Verwirkungstatbestand ausschlossen (BGH FamRZ 95, 344).

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