Rn 4

Eine Befristung scheidet aus, wenn der gesamte Unterhalt erforderlich ist, um ehebedingte Nachteile auszugleichen. In diesem Fall kommt nur eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf in Betracht, wenn der Unterhalt höher als der ehebedingte Nachteil ist (BGH FamRZ 18, 1421). Dieser bestimmt sich nach den Einkünften, die der berechtigte Ehegatte ohne die Ehe erzielen könnte im Vergleich zu den tatsächlich erzielbaren Einkünften aufgrund der Ehe. Da der angemessene Lebensbedarf bei ehebedingten Nachteilen erst durch die Einbeziehung des Unterhalts in dieser Höhe gegeben ist, bedeutet dies im Ergebnis, dass bei Vorliegen ehebedingter Nachteile immer nur eine Herabsetzung nach § 1578b möglich ist und eine Befristung mit Wegfall des Unterhalts nur in Betracht kommt, wenn ein Ausgleich ehebedingter Nachteile durch den Unterhalt nicht erforderlich ist, weil ehebedingte Nachteile nicht eingetreten sind. Bei dieser Betrachtungsweise ist eine Kombination nach III nicht möglich, weil entweder ehebedingte Nachteile bestehen oder eben nicht. Nach neuester Auffassung des BGH ist es allerdings nach einer gewissen Zeit möglich, auch den Unterhalt zu begrenzen, der zum Ausgleich ehebedingter Nachteile erforderlich ist (BGH Beschl v 8.6.16 – XII ZB 84/15). Sind also keine ehebedingten Nachteile gegeben, kommt nur eine Unterhaltsbefristung in Betracht, da der angemessene Lebensbedarf durch die eigenen Einkünfte schon sichergestellt ist und deswegen eine Herabsetzung des Unterhalts auf diesen angemessenen Lebensbedarf nicht möglich ist, vielmehr nur eine Befristung in Erwägung zu ziehen ist. Diese Auffassung hat der BGH aber in weiteren Entscheidungen nicht mehr aufgegriffen.

Ehebedingte Nachteile sind gegeben, wenn der berechtigte Ehegatte geringere Einkünfte erzielt, als er ohne die Ehe erzielen würde. Dabei ist zwischen drei Fallgestaltungen zu differenzieren:

1.

Ist der unterhaltsberechtigte Ehegatte erwerbstätig, ist maßgeblich, ob er ohne die Einschränkung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit während der Ehe nach der Scheidung ein höheres Einkommen erzielen würde.

Dabei sind auch hypothetische berufliche Entwicklungen des Unterhaltsberechtigten, die mit Wahrscheinlichkeit eingetreten wären, zu berücksichtigen. Die Höhe der erzielbaren Einkünfte kann geschätzt werden. Dabei können Tarifverträge oä ausgewertet werden, die idR Einkommensstaffelungen nach Berufsjahren enthalten (BGH FamRZ 10, 2059). Erwerbsbeeinträchtigungen aufgrund familiärer Bindungen, wie zB die Pflege von eigenen Verwandten, sind nicht auf die Ehe zurückzuführen und begründen keinen ehebedingten Nachteil (BGH FamRZ 07, 2049). Unmaßgeblich ist,

  • ob der pflichtige Ehegatte den anderen während der Ehe regelmäßig aufgefordert hat, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder
  • ob der bedürftige Ehegatte die Arbeitsstelle im Einverständnis des anderen Ehegatten aufgegeben hat (BGH FamRZ 10, 2059). Ausreichend ist allein, dass die Arbeitsstelle wegen der ehelichen Lebensgestaltung aufgegeben worden ist.
  • Ebenso unmaßgeblich ist der Aspekt, dass der jetzige Arbeitsplatz nicht so sicher ist, wie der wegen der Ehe aufgegebene, es sei denn, dies wirkt sich in bestimmter Weise aus (BGH FamRZ 10, 2059).
  • Die Höhe der ohne die Ehe erzielbaren Einkünfte können geschätzt werden. Dabei sollten Tarifverträge ausgewertet werden, die idR Einkommensstaffelungen nach Berufsjahren enthalten (BGH FamRZ 10, 2059).
  • Gibt es den bis zur Eheschließung ausgeübten Beruf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht mehr, ist hypothetisch zu prüfen, welchen Beruf er nach Wegfall des alten Betätigungsfeldes ausüben würde.
  • Bei der Geltendmachung hypothetischer Karriereverläufe ist die gesamte Arbeitsbiographie des Ehegatten im Hinblick auf Neigungen, Talente und Leistungswillen zu beleuchten (BGH FamRZ 10, 2059; 12, 32).
  • Die Aufgabe des Arbeitsplatzes vor der Ehe stellt keinen ehebedingten Nachteil dar, soweit eine Verknüpfung mit der Ehe nicht plausibel dargelegt wird (BGH FamRZ 12, 776). Allerdings kann auch ein Arbeitsplatzverlust aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung einen ehebedingten Nachteil darstellen, wenn der Ehegatte aufgrund der regionalen Verhältnisse betreffend den Wohnort, in den die Eheleute nach Verlust des Arbeitsplatzes gezogen sind, keine Arbeitsstelle mehr zu finden vermag und deswegen seine Erwerbsbemühungen einstellt (BGH FamRZ 14, 107).
2.

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsunfähig, ist zu unterscheiden: War er schon bei Eingehung der Ehe erwerbsunfähig, dürften ehebedingte Nachteile auszuschließen sein.

Wird er während der Ehe erwerbsunfähig, sind ehebedingte Nachteile gegeben, wenn es sich nicht um eine schicksalhafte Erkrankung handelt, sondern um eine Erwerbsbeeinträchtigung, die mit der Ehe zusammenhängt.

Diese muss auf der Rollenverteilung der Ehe oder sonstigen mit der Ehe zusammenhängenden Tatsachen beruhen (BGH FamRZ 10, 1059; 11, 805; 875 Dies ist der Fall zB bei Erkrankungen durch die Geburt eines Kindes, nicht aber bei einer trennungsbedingten Depressi...

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