Rn 2

Nach Auffassung des BGH (FamRZ 84, 149; 82, 576) sind mit diesem Begriff alle Verhältnisse gemeint, die für den Lebenszuschnitt in der Ehe und damit für den ehelichen Lebensstandard bestimmend (prägend) waren. Hierzu gehören zum einen die den Lebensstandard bestimmenden wirtschaftlichen Verhältnisse wie Einkommen und Vermögen, soweit es in die Bedarfsdeckung eingeflossen ist, sowie Belastungen (BGH FamRZ 99, 367). Zum anderen fallen nach der geänderten (Surrogat-)Rechtsprechung des BGH hierunter auch alle sonstigen beruflichen, gesundheitlichen, familiären und ähnl Faktoren, die für den Lebenszuschnitt von Bedeutung waren, insbes die Hausführung und Kinderbetreuung des in der Ehe nichtberufstätigen Ehegatten (BGH FamRZ 01, 986). Nach früherer BGH-Rechtsprechung waren eheprägend auch alle nach der Scheidung eintretenden Umstände, wenn sie zu einer Absenkung des Bedarfs führten (BGH FamRZ 06, 683; 07, 793; 08, 134; 08, 968; FamRZ 10, 111). Darunter fielen alle nach der Scheidung entstandenen Verbindlichkeiten, wenn sie berücksichtigungsfähig sind und alle Unterhaltspflichten, gleichgültig, ob vorrangig, gleichrangig oder nachrangig. Nachdem das BVerfG diese Rspr jedenfalls zur Berücksichtigung des Unterhalts des neuen Ehegatten für verfassungswidrig erklärt hat (BVerfG FamRZ 11, 437), sieht der BGH nunmehr alle nach der Scheidung entstandenen Unterhaltspflichten als nicht eheprägend an, weil diese nicht in der Ehe angelegt sind und auch bei Fortbestand der Ehe nicht entstanden wären (BGH FamRZ 12, 281). Hier dürfte allerdings noch Bedarf zur Differenzierung im Hinblick auf diese Argumentation bestehen. Verbindlichkeiten und Unterhaltspflichten dürften damit unabhängig von deren Entstehungszeitpunkt eheprägend sein, wenn sie auch bei Fortbestand der Ehe entstanden wären. Verbindlichkeiten müssen allerdings im Unterschied zu Unterhaltspflichten berücksichtigungsfähig sein.

 

Rn 3

Bei der Bemessung des Bedarfs unberücksichtigt bleiben Faktoren, denen ein Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen fehlt. Bestandteile des Einkommens, die nicht zur Deckung der Lebensführung verwendet wurden (Vermögensbildungsbeiträge) sind nicht bedarfsprägend. Das Gleiche gilt für Einkünfte, die nicht auf einer normalen Entwicklung der Einkünfte beruhen (Karrieresprung) oder Erträge aus späterem Vermögenserwerb (Erbschaft). Allerdings besteht eine Ausnahme dann, wenn diese an sich nicht prägenden Einkünfte mit bedarfssenkenden Entwicklungen nach der Trennung zusammentreffen. In diesen Fällen prägen sie die ehelichen Lebensverhältnisse in der Höhe, die erforderlich ist, um die Bedarfssenkung aufzufangen, im Übrigen bleiben sie nicht prägend (BGH FamRZ 09, 411).

Für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse sind grds alle Einkünfte heranzuziehen (BGH FamRZ 86, 780).

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